Ein Rückblick von Initiator und Projektentwickler Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff
Bad Driburg. Vor zehn Jahren wurde das Bilster Berg Drive Resort in Betrieb genommen. In der Presseinformation hieß es damals: „… Mit dem Bilster Berg Drive Resort ist im April 2013 nach über 80 Jahren zum ersten Mal eine Rundstrecke in den westlichen Bundesländern in Betrieb gegangen. In über sechs Jahren Planungs- und Genehmigungsphase und rund 18 Monaten Bauzeit entstand in Bad Driburg in Westfalen ein in Europa einmaliges Drive Resort. Auf einem 84 Hektar großen ehemaligen Munitionsdepot der NATO-Rheinarmee wurde ein 4,2 Kilometer langes Asphaltband gebaut, das sich in spektakulärer Weise der natürlichen Topografie anpasst. Aus der Feder des bekannten Formel-1Streckenplaners Hermann Tilke (Aachen) stammt der Plan für den anspruchsvollen Kurs, der mit 19 Kurven und 44 Kuppen und Wannen eine Herausforderung für Fahrer und Fahrzeuge ist. Dazu der mehrfache Rallye-Weltmeister Walter Röhrl, der mit seiner Erfahrung an der Streckenplanung beteiligt war: „Das Bilster Berg Drive Resort wird zu den authentischsten, fahrerisch anspruchsvollsten Anlagen Europas gehören. Und obwohl es eine moderne neue Strecke ist, lebt hier der Geist und die Tradition klassischer Naturstrecken weiter.“ Ausgerichtet auf den Testbedarf der Automobilindustrie, bietet die Streckenführung ideale Bedingungen für Fahrwerks- und Komponententests und die Feinjustierung elektronischer Fahrregelassistenzsysteme in sportlichen Fahrzeugen. Mit ihrer Konzeption als Drive Resort ist die Gesamtanlage eine optimale Plattform für Präsentationen und Markteinführungen neuer Fahrzeugmodelle und Kundenfahrprogramme der Automobilhersteller. …“
Zum 10-jährigen Jubiläum erinnert sich Ideengeber und Projektentwickler des Bilster Berg, Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff, im Interview.
Am 07. April 2013 fand am Bilster Berg die erste Fahrt mit den Gesellschaftern der Rennstrecke statt. Wie ist der Tag bei Ihnen in Erinnerung geblieben?
„Das war damals eine riesen Euphorie. Die Gesellschafter waren die ersten, die auf der Strecke fahren durften. Ob Oldtimer, Rennauto oder modernes Auto – jeder konnte sein Fahrzeug mitbringen und selbst fahren oder mit einem Profi mitfahren. Symbolisch wurde damit vor allem das Engagement der Gesellschafter honoriert, die das alles in Summe mit ihrem Kapital möglich gemacht haben. Deshalb war es mir wichtig, dass die Gesellschafter als erstes die Strecke befahren konnten. So gesehen war der Bilster Berg nicht nur als Rennstrecke in Deutschland ein Novum. Schließlich war die letzte Eröffnung einer Rennstrecke sowohl mit dem Hockenheim- als auch mit dem Nürburgring über 80 Jahre her. Niemand hatte wirklich Erfahrung wie man so etwas macht. Der Geist von damals und die Besonderheiten des Projekts spiegeln sich auch in der Rede zur Grundsteinlegung 2011 wider. Immerhin dauerte die Projektentwicklung fast zehn Jahre. Man darf nicht vergessen, dass wir damals im Wettbewerb mit anderen Projekten wie dem Westfalenring und der Testanlage für Schwerlastverkehr in Thienhausen bei Steinheim im Wettbewerb standen. Keines der Projekte ist am Ende tatsächlich so konsequent umgesetzt worden wie der Bilster Berg.“
10 Jahre Bilster Berg – Wie ist die Idee zu der Rennstrecke entstanden?
„Der tatsächliche Ursprung war die Suche nach einer einzigartigen, konstruktiven Geschäftsidee zur Weiterentwicklung des Standorts Bad Driburg. Natürlich spielte dabei auch meine persönliche Passion für den Rennsport eine Rolle. Aber die stand nicht im Vordergrund. Bad Driburg war damals noch mehr als heute vom Gesundheitswesen abhängig. Das warf für mich mit einem Familienunternehmen in siebter Generation viele Fragen auf: Wie kriegen wir ein zusätzliches Standbein nach Bad Driburg, das nicht von Gesundheitsreformen abhängig ist? Wie kriegen wir mehr Übernachtungen realisiert? Wie bekommen wir eine Wertsteigerung in den Standort? Wie steigern wir die Attraktion der Region? Und und … Die Idee zu einer automobilen Test- und Präsentationsstrecke ist dann im Vorlauf zu einem Treffen mit Hermann Tilke (Anmerkung: Architekt der meisten Formel-1Rennstrecken der Welt) im Mai 2002 entstanden. Als sich für mich die Gelegenheit bot, das ehemalige Munitionsdepot zu erwerben, waren die Weichen gelegt. Das charmante daran: Das Areal bot bereits eine Infrastruktur. Aber vor allem konnte mit dem Projekt Bilster Berg aus dem vormals militärisch genutzten Gebiet eine Konversionsfläche, also eine Folgenutzung erreicht werden.“
Was macht die Strecke bis heute so Interessant?
„Das lässt sich ganz einfach auf den Punkt bringen: Die Faszination macht bis heute die Topographie der Strecke durch die Höhenunterschiede aus. Nicht umsonst spricht man auch vom „kleinen Nürburgring“ in Anspielung an die Nordschleife. Der Bilster Berg hat darüber hinaus zu 80 % sogenannte blinde Kurven, also Kurven die nicht einsehbar sind und bietet eine seltene Mischung aus Urbanität und Naturlandschaft. Sie haben einerseits eine Strecke an etwa 30 Bunkern vorbei und andererseits den freien Blick 50 Kilometer weit in die Landschaft. Diese Abwechslung ist fahrerisch eine Herausforderung. Eine Faszination, die geschätzte 20.000 begeisterte Fahrer und etliche Automobilmarken jedes Jahr an den Bilster Berg zieht.“
Anfangs waren Sie noch aktiv in der Geschäftsführung beteiligt. Inzwischen sind Sie zwar noch Gesellschafter am Bilster Berg, aber nicht mehr in der Geschäftsführung. Innerlich ist die Gesellschaft zerstritten. Hinterlässt das bei Ihnen als Ideengeber und Umsetzer nicht einen faden Beigeschmack?
„Keineswegs. Es war ja nie vorgesehen, dass ich dauerhaft in der Geschäftsführung bleibe. Das Bilster Berg Drive Resort ist heute Deutschlands exklusivste Test- und Präsentationsstrecke. Damit konnte mit meiner Idee etwas Einzigartiges geschaffen werden, das einen hohen Bedarf und eine gute Nachfrage generiert. Traurig ist allein, dass jetzt ein unkontrolliertes Führungssystem mit großen wirtschaftlichen Eigeninteressen Regie führt und die Anlage mit ihrem eigentlichen Zweck nicht weiterentwickelt wird. Meine ganze Hoffnung liegt mittelfristig auf einem Neustart durch eine neue Geschäftsführung.“
Wie schätzen Sie heute den Stellenwert des Bilster Berg ein – auch und insbesondere für die Region – und wo sehen Sie Zukunftschancen?
„Von Anfang an stand für mich fest, dass der Bilster Berg eine Strecke für die Region sein muss und nicht umgekehrt. Emission und Immission gehören bei so einem großen Projekt zu den Kernthemen. Bevölkerung und Politik dauerhaft mitzunehmen ist ohne Frage essenziell. Bereits damals war das heutige Sankt Nikolaus Seniorenheim in Nieheim das Nadelöhr für die Genehmigung. Ich wollte das Gebäude erwerben und einen saisonalen Übernachtungsbetrieb als zusätzliche Wertschöpfung etablieren. Der Eigentümer – die Kirche – hätte dann in Nieheim ein neues Seniorenheim errichtet. Das hat die Projektsteuerung aber boykottiert. Der Rest ist Geschichte. Zukunftschancen sehe ich unverändert vor allem in dem weiteren Ausbau der Strecke inmitten der Anlage mit dem bereits im vorhabenbezogenen Bebauungsplan genehmigten Handlingparcours und der Umsetzung von eigenen Veranstaltungsformaten. Vorbild könnte hier das Goodwood Revival sein, ein automobiles Event in Südengland, bei der die gesamte Bevölkerung integriert ist. Die dauerhafte Ansiedlung von Herstellern an der Strecke bietet nach wie vor eine große Zukunftschance – wie auch die Ansiedlung eines Technologieparks.“
Titelbild: (v.l.n.r.) Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff mit Walter Röhrl, zweifacher Rallye-Weltmeister, bei der Streckenplanung des Bilster Berg.
Eine Superstrecke. Mehrfach eigene positive Erfahrungen gesammelt. Weiterhin viel Erfolg.
Ich hatte mit einem Freund die große Ehre mit unseren Karts dort ein paar Runden fahren zu dürfen. Die Strecke hat einen riesen Spaß gemacht. Leider ist es bis jetzt zur keiner Wiederholung gekommen. Ich wünsche dem Bilster Berg weiterhin viele Erfolgreiche und Erlebnisreiche Jahre.