Kein Erhalt des Parks um jeden Preis
Bereits seit etwa 3 Jahren verhandele die Stadt Bad Driburg und der Gräfliche Park über einen neuen Dienstleistungsvertrag, der die Höhe der Entschädigung und alle damit verbundenen Rechte und Pflichten regele, die mit dem Betrieb des Kurparks in Verbindung stehen, so Bad Driburger Fraktionen bestehend aus SPD, CDU, GRÜNE, FDP, ÖDP und UWG in einer gemeinsamen Pressemitteilung am heutigen Silvester.
Nach der Kündigung des alten Dienstleistungsvertrages im Herbst 2018 durch Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff wurde ein Interimsvertrag geschlossen, der bis zur endgültigen Klärung der zukünftigen Vertragsinhalte die Aufrechterhaltung des Kurparkbetriebes ermöglichen solle. Insbesondere die Höhe einer angemessenen Entschädigungssumme wurde von beiden Parteien unter den Vorbehalt einer Preisprüfung durch die Bezirksregierung gestellt. Das Ergebnis ist bekannt, die von der Bezirksregierung ermittelte Summe beträgt 1,55 Mio. Euro.
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Da der Gräfliche Park dieses Ergebnis nicht anerkennen will, wurde der Interimsvertrag Anfang November 2020 mit einer Vorlaufzeit von 5 Monaten zum 31.3.2021 auf Beschluss des Rates durch die Stadt gekündigt, argumentieren die Bad Driburger Politiker in Ihrer Pressemeldung. Zeit genug, einen dauerhaften und fairen Vertrag zwischen den Parteien zu verhandeln, wäre damit gegeben.
Im Dezember 2020 wurde den Fraktionen im Rat der Stadt Bad Driburg noch während der laufenden Mediation ein Vertragsentwurf vom Gräflichen Park vorgelegt. Nach intensiver Diskussion unter Abwägung aller bekannten Faktoren wie durchsetzbarer Kurtaxe, die realistische Höhe der Kurbeitragseinnahmen insgesamt, der Haushaltslage der Stadt Bad Driburg u.a. lehnten alle Fraktionen einstimmig und ohne Enthaltung, diesen Vertragsentwurf im Haupt- und Finanzausschuss ab.
In Kenntnis eines bevorstehenden Mediationtermins wurde die Verwaltung mit gleichem Beschluss beauftragt, die Gespräche mit dem Ziel einer Einigung fortzuführen. Einen aus der Sicht der politischen Fraktionen unvorteilhaften Vertrag abzulehnen und der Auftrag, weitere Verhandlungen zu führen, darf man durchaus als legitim und nicht als “unüblich” betrachten, so die Fraktionen einhellig.
Umso mehr befremde es die Fraktionen, wenn am Tag der Mediation noch während des Verfahrens eine Umzäunung des Gräflichen Parks mit der Drohung, die Nebeneingänge des Parks am 04.01.2021 zu schließen, (BDiB berichtet) aufgebaut werde, und lediglich den Haupteingang an der Brunnenstraße geöffnet zu lassen. Auch das gleichzeitig weitere Kliniken des Standorts durch Zäune in ihrem Betrieb massiv eingeschränkt wurden, kritisieren die Parteien.
Gemeinsam Frage man an dieser Stelle, ob dieses Gebaren auch als “Erpressung und Einschüchterungsversuch” bezeichnet werden dürfe?
Trotz aller Differenzen halten es die Fraktionen für richtig, die Verhandlungen fortzusetzen. Der Kurpark sei ein wichtiger Standort- und Wirtschaftsfaktor für Bad Driburg. Einig seien sich die politischen Akteure jedoch auch, dass in jeder Krise eine Chance liege. Daher kann der Erhalt des Parks um “jeden Preis” nicht im Sinne einer guten Stadtentwicklung sein. Erpressen lassen würden sich die Fraktionen, eigentlich Verhandlungspartner auf Augenhöhe, jedenfalls nicht.
Ist die Unternehmensgruppe Graf von Oeynhausen-Sierstorpff (UGOS) finanziell am Ende?
Lassen wir mal das alberne Geschwätz eines Hinz und Kunz außer Acht, denn es lohnt nicht, damit kostbare Zeit zu vergeuden.
Bei der aufgeregten Diskussion um die Einzäunung des Kurparks durch den Privatbadbesitzer und seine hohen Forderungen an die Stadt werden die ökonomischen Fakten außer Acht gelassen. Die Bilanz der UGOS wird jedes Jahr im Bundesanzeiger veröffentlicht und kann problemlos von jedem eingesehen werden. Die Jahresbilanzen werden allerdings mit einem Zeitverzug von mindestens einem Jahr veröffentlicht. Die letzte einsehbare Bilanz umfasst das Rechnungsjahr 2018, in den kommenden Monaten müsste die Bilanz für 2019 im Bundesanzeiger erscheinen.
In meinem Leserbrief vom 30.10.218 haben ich bereits aus dem Bundesanzeiger zitiert. Im Jahr 2017 hat das Hotel Gräflicher Park Health & Balance Resort 1.739.764 Euro Verlust gemacht, im Jahr danach (2018) ist der Verlust auf 2.869.065 Euro angewachsen, in zwei Jahren also 4,6 Millionen Fehlbetrag. Gleichzeitig hat sich die Vermögenslage der Unternehmensgruppe Graf von Oeynhausen-Sierstorpff (UGOS), die auch mehrere Kliniken und den Bad Driburger Mineralbrunnen umfasst, stark verschlechtert. Zitat aus dem Bundesanzeiger: Das wirtschaftlich Eigenkapital 2018 verringerte sich gegenüber dem Vorjahr um 2.279.000 Euro auf 6.614.000 Euro und hat damit einen Anteil an der Bilanzsumme von 15,3% (Vorjahr 19,7%). Auf der Gegenseite hat sich der Anteil des Fremdkapitals von 407,7% auf 555,3 % erhöht. Wirtschaftlich gesunde Unternehmen haben haben ein Verhältnis von 2:1 bei Fremd- und Eigenkapital. Das Fremdkapital sollte also nicht mehr als das Doppelte des Eigenkapitals betragen. Bei der UGOS ist es das Fünffache. Wir dürfen nun sehr gespannt sein, ob sich diese negative Entwicklung im Rechnungsjahr 2019 fortsetzt. Die wirtschaftliche Bilanz des Coronajahrs 2020 dürfte für die UGOS mit Sicherheit nicht positiv ausgefallen sein.
Vor diesem Hintergrund stellen sich die Verhandlungen mit dem Privatbadbesitzer wie folgt dar: Selbst wenn die Stadt Bad Driburg 3 Millionen anstatt 2 Millionen Aufwandsentschädigung für den Kurpark zahlen würde, könnte sie den Privatbadbesitzer und seine Unternehmensgruppe nicht vor einer drohenden Insolvenz retten. Das Problem besteht darin, dass das Hotel Gräflicher Park Health & Balance Resort kein gewinnbringendes Geschäftsmodell zu haben scheint und den vorliegenden Zahlen nach wohl auch nie haben wird. Ähnlichkeiten zum Thermalbad sind hier unübersehbar. Der Thermenbetrieb funktioniert nur, weil die Stadt aus ihrem Haushalt, also aus Steuermitteln, jedes Jahr mindestens 800 000 Euro an Verlustausgleich an die Therme zahlt, was die ÖDP ja immer angeprangert hat.
Die Idee jetzt mal eben die Grund- und Gewerbesteuern zu erhöhen und eine Fremdenverkehrsabgabe einzuführen, so wie von einigen Bad Driburger Geschäftsleuten vorgeschlagen, wäre der falsche Weg. Neben allen Bad Driburgern würde das die Kliniken, die erst einmal die erhöhten Kurbeiträge zu verkraften haben, besonders treffen. Hier sollte man sehr vorsichtig sein, denn die florierenden Rehakliniken mit den vielen Arbeitsplätzen sind das große Plus der Kur- und Badestadt. Der Kurpark des Grafen ist für Bad Driburg eher zweitrangig und entgegen aller Behauptungen, ob in WDR-Lokalzeit, in der BILD-Zeitung oder vom Grafen selbst keine notwendige Bedingung für den Status Bad Driburgs als Kur- und Badestadt.
Wolfgang Seemann, ehemals Fraktionsvorsitzender der ÖDP im Rat der Stadt Bad Driburg
Richtig so, die Bürgerschaft in Bad Driburg muss die Rechnung für den Park letztendlich zahlen. Gerade in Zeiten der Pandemie, wo viele Menschen um ihren Job fürchten oder ihn bereits verloren haben, in Kurzarbeit sind, sind die Forderungen des “Grafen” ein Hohn. Viele Geschäftsleute in Bad Driburg wissen nicht, ob sie ihr Geschäft nach der Pandemie weiterführen können, viele haben in den letzten Jahren schon ihr Geschäft geschlossen. Da kommt also nun der Adel her und möchte uns, so wie es im Mittelalter mal war, weiter schröpfen. Mit dem was der Herr von und zu fordert, können wir uns einen eigenen Park leisten. In Zeiten des Abschwungs könnte dem Grafen ein bißchen Demut nicht schaden. Immerhin hat die Bürgerschaft, ihm seinen Park seit 30 Jahren finanziert. Ich halte selbst die 1,5 Millionen Euro in Zeiten der Pandemie für übertrieben. Damit könnte man sehr gut einen eigenen Park unterhalten.