Geschlossen

UGOS hat Hauptsitz ins thüringische Bad Klosterlausnitz verlagert

Eine Dystopie von Elmar Hinz

Bad Driburg. Wo einst der Kurpark war, stehen Reihenhäuser, eine Tankstelle und ein Supermarkt. Die alten Baumriesen wurden gefällt, die Hecken ausgerissen, Golfplatz und Wiesen umgepflügt. UGOS hat seinen Hauptsitz ins thüringische Bad Klosterlausnitz verlagert. Das Gelände der ehemaligen Eggelandklinik wird als Kurpark ausgewiesen. Das Fernsehen berichtet ein paar mal über diesen Schildbürgerstreich in Bad Driburg. Dann wird es still.

Die Gäste bleiben aus. Es schließen zuerst Restaurants und Hotels, dann die ersten Kliniken und schließlich werden sogar Investitionen in Seniorenheime zurück gezogen. Der Räumungsverkauf der letzten Boutique liegt lange zurück und nun schließt selbst McGeiz die Türen zu.

Sie können sich diese Dystopie nicht vorstellen? Das konnten sich die Beschäftigten der Glasfabriken und der Holzindustrie einst auch nicht, bevor die Firmen geschlossen wurden. Was auch passierte, die Bad Driburger haben brav ihr Kreuz bei der CDU gemacht. Eine ernstzunehmende parteipolitische Konkurrenz war weit und breit auch nicht in Sicht.

Historische Postkarte

You say you want a revolution

Well, you know

We all want to change the world

You tell me that it’s evolution

Well, you know

We all want to change the world

But when you talk about destruction

Don’t you know that you can count me out

John Lennon / McCartney

Es war alles nicht so ernst gemeint. CDU-Bürgermeister Burkhard Deppe hatte – das Westfalenblatt berichtete – von einen alternativen Kurpark auf dem Areal der Eggelandklinik als letzten Ausweg gedroht. Dieses Vorgehen hatte Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff sehr aufgebracht, „Wenn ich nicht spure, gibt es eben einen anderen Kurpark“.

Offenbar hatte man schon seit zwei Jahren Gefallen gefunden an der Eskalation der Drohgebärden. Wo man sich früher vertraute und kooperierte, ließ man nun auf beiden Seiten die Muskeln spielen. Die rote SPD konnte nichts gegen diesen antifeudalistischen Aufstand einwenden. Sogar die ÖDP stimmte in die Rhetorik ein.

Doch wer eine Drohung ausspricht, der muß sie zumindest teilweise ernst meinen, schon um sich nicht selbst lächerlich zu machen. Darum konnte die Drohung, schneller als man dachte, zur Realität werden.

Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff hatte den Park schließlich mit einem Bauzaun abgesperrt, um zu zeigen, wie ernst ihm die Lage ist. Darauf einigten sich alle Parteien im Rat wiederum auf die Formulierung, “kein Erhalt des Parks um jeden Preis“. Es kam was kommen mußte. Niemand konnte mehr zurück.

Es war nicht hilfreich, dass man zwar die Verhandlungen hinter verschlossenen Türen führte, sich jedoch öffentlich mit Untergang drohte. Wer der Öffentlichkeit mehr traut als dem Verhandlungspartner, der muß auch die Zahlen öffentlich machen, damit ein gerechtes Urteil gefällt werden kann.

War die Kurtaxe früher wie selbstverständlich für den Erhalt des Kurparks da, hatte sich die Stadt in den letzten Jahrzehnten daran gewöhnt, einen wachsenden Anteil davon selbst zu kassieren. War die Idee, diese vollständig einzustreichen, vielleicht zu verlockend für die Ratsmitglieder?


Der Park hatte den Wandel der Zeiten gesehen und alles überstanden, die Kleinstaaterei, Napoleon, die Preußen, das Kaiserreich, die Weimarer Republik, den Nationalsozialismus, die Bundesrepublik und das Deutschland nach dem Mauerfall. Zwei Weltkriege konnten ihm nichts anhaben.

Es war die Tradition der Familie, welcher der Park sein Dasein verdankte, adelig oder nicht. Es wurden heute Bäume gepflanzt, damit sich die Urenkel einst an den Baumriesen erfreuen konnten. Ein solchen Garten aufzubauen und zu pflegen tut sich eine Stadt schwer. Dafür wechseln die Verhältnisse und Weltanschauungen zu schnell.

Der Eigentümer ist auch ein Mensch. Wenn ihm eine ganzer Stadtrat dummfrech daher kommt, dann ist irgendwann der Punkt erreicht, an dem er keine Lust mehr hat, in dieser Stadt zu leben, egal welchen Anteil er selbst an der Eskalation hatte. Schließlich muß der Eigentümer auch wirtschaften. Ein Betriebsteil muß sich rechnen. Macht er Verluste, dann gefährdet er auch die anderen Betriebsteile.

Das Jahr 2020 war für alle ein schweres Jahr. Auch die Stadt muß schauen, wie sie ihre Ausgaben finanziert und woher sie ihre Einnahmen nimmt. Ihre eigene Existenz ist eng mit dem Kurpark verwoben. Es kommt jetzt darauf an, Ideen für morgen zu entwickeln und Lösungen zu finden, wie es weiter gehen soll. Gerichtsprozesse und Machtspielchen mit gegenseitigen Vernichtungsdrohungen kommen zur Unzeit. Es muß eine gemeinsame Perspektive gesucht werden.

Die Therme macht seit Jahren schwere Verluste. Sie hat nicht die touristischen Impulse für die Stadt gebracht, welche diese Ausgaben rechtfertigen würden. Keine Partei im Rat möchte diejenige sein, welche das Aus der Therme verkündet. Da pflegt jede Partei ihren Populismus. Dennoch ließen sich hier die Kosten einsparen, die einen Erhalt des Kurparks ermöglichen.

Doch für diese Kosten darf Bad Driburg mehr Gegenleistung erwarten, als in der Vergangenheit mit dem Park erbracht wurden, sowohl was seine Barrierefreiheit als auch seine Attraktionen betrifft. Bad Driburg im Blick wird in einem weiteren Artikel seine Vorstellungen und Wünschen dazu äußern und damit seinen Beitrag leisten, Ideen für einen zukunftsfähigen Park zu entwickeln.

Dunkle Wolken über den Gräflichen Park (Foto: Marco Dockhorn)