Wildwuchs bei Windenergieausbau?

Urteil des OVG beunruhigt

Elisabeth Affani

Bad Driburg / Kreis Höxter. Inzwischen wissen jede Bürgerin und jeder Bürger in Bad Driburg: Wenn Juristen am Werk sind, ist das Produkt nicht immer über jeden rechtlichen Zweifel erhaben.
Es geht um Windkraftanlagen. Für sie gibt es im Regionalplan-Entwurf zulässige Bereiche, es soll ja nicht wild gebaut werden. Doch gibt es Anträge, Anlagen außerhalb der Bereiche für die Windenergie zu nutzen. Dann muss der Kreis prüfen, ob diese zulässig sind. Dabei greift auch §12 des Raumordnungsgesetzes.

Das Land NRW hat im § 36 Abs. 3 des Landesplanungsgesetzes NRW festgelegt, dass die Bezirksregierungen das Genehmigungsverfahren aussetzen, also stoppen können, wenn bestimmte Voraussetzungen vorliegen.
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) des Landes NRW hat nun aber „vorläufig“ beschlossen, die Vorschrift des § 36, also die Aussetzung, für rechtswidrig zu erklären.

In einer Pressemitteilung, die Birgit Ulrich von der Pressestelle des Landrats Bad Driburg im Blick zusandte, ist von einer besorgniserregenden Entwicklung die Rede. Landrat Michael Stickeln befürchtet, dass damit auch dem Kreis Höxter die „bisherige verlässliche Planungsgrundlage für den Windenergieausbau“ entzogen werden könnte. Das schreibt er auch an Mona Neubaur, NRW-Ministerin für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie.
Mit der Entscheidung des OVG könnte der Schutzmechanismus ausfallen, der den sogenannten Wildwuchs von Windkraftanlagen eindämmen sollte, erklärt Dr. Kathrin Weiß, Leiterin des Fachbereichs Umwelt, Bauen und Geoinformationen des Kreises Höxter.
Sie befürchtet, dass auch die Akzeptanz der Windenergieprojekte in der Bevölkerung weiter gefährdet würde.
Das OVG hat natürlich erklärt, warum die im § 36 Norm möglicherweise „nichtig ist“, also ungültig.
Die Folge wäre, dass der Kreis Höxter dann in vielen Fällen Windenergieanlagen genehmigen müsste, „auch wenn die betroffene Gemeinde mit dem Vorhaben nicht einverstanden ist und ihr sogenanntes ‚städtebauliches Einvernehmen‘ verweigert“, erklärt Landrat Stickeln.

Laut Pressemitteilung seien allein im Jahr 2024 im Kreis Höxter bisher Genehmigungen für 98 Windenergieanlagen erteilt worden. „Das sind in der Zeit etwa 7 Prozent der Genehmigungen in ganz Deutschland und fast genauso viel wie in der gesamten Südregion Bayern, Baden-Württemberg, Südhessen, Rheinland-Pfalz und dem Saarland zusammen, die über 33 Prozent der Fläche Deutschlands ausmacht. Der Kreis Höxter nimmt hingegen nur 0,3 Prozent der Fläche Deutschlands ein.“
Gerade im ländlichen Raum, der für die Energiewende eine maßgebliche Rolle spiele, sei somit ein akzeptanzgesteuerter Windenergieausbau, bei dem die Belange der Bürgerinnen und Bürger vor Ort so weit wie möglich berücksichtigt werden, von entscheidender Bedeutung. „Die Menschen in den betroffenen Dörfern und Städten müssen nicht nur miteinbezogen werden, sondern auch direkt partizipieren“, so Landrat Stickeln. „Ein ungeregelter Ausbau an ungeeigneten Standorten könnte das Vertrauen der Bürgerinnen und Bürger in eine verlässliche Politik der etablierten Parteien hingegen erschüttern.“

Titelbild: Windenergieanlagen in Pömbsen


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