Marcus-Klinik sieht Gefahr der Unterversorgung von schwerstbetroffenen Patienten
Elisabeth Affani
Bad Driburg. Wer einen Schlaganfall erleidet, an Multipler Sklerose erkrankt ist oder nach einem Tumor neurologische Störungen hat, sollte möglichst früh in der neurologischen Reha betreut werden. Nach Gehirnblutungen, Schädel-Hirn-Traumen oder Unfällen mit Schädigungen des Gehirns und des zentralen Nervensystems kommt es bekanntlich darauf an, dass die Betroffenen möglichst schnell versorgt werden, damit sie in den Alltag, das Berufsleben oder die schulische Ausbildung zurückkehren können. Wie schnell finden Patientinnen und Patienten in NRW dann aber einen Reha-Platz in einer qualifizierten Klinik?
Die Marcus-Klinik in Bad Driburg als ein Standort der Gräflichen Kliniken betreut eigenen Angaben zufolge jährlich über 2.400 Patientinnen und Patienten mit neurologischen Krankheitsbildern. Im Jahr 2023 eröffnete die Marcus-Klinik eine neurologische Doppelstation und baute damit ihre Kapazitäten aus, „auch als Reaktion auf den gestiegenen Bedarf der Versorgung von schwerstbetroffenen Patienten in NRW. Und dies gänzlich aus Eigenmitteln ohne staatliche Fördermittel“.
Das geht aus einer Pressemitteilung von Antje Kiewitt hervor, Pressesprecherin der Gräflichen Kliniken.
Die Kritik an der Krankenhausplanung des NRW-Gesundheitsministeriums, aktuell unter Minister Karl-Josef Laumann, ist heftig. „Bereits im Jahr 2014 haben die Gräflichen Kliniken Bad Driburg einen Antrag auf Aufnahme in den Krankenhausplan NRW mit 48 Betten neurologische Frührehabilitation (Phase B) gestellt, der bis heute durch das Land NRW nicht entschieden wurde“, klagt Marko Schwartz, Geschäftsführer der Gräflichen Kliniken Bad Driburg. In der Marcus-Klinik würden schwerstbetroffene Patienten behandelt, ohne dass sie eine entsprechende Vergütung bekomme, geschweige denn eine Zulassung für die „Phase B“. „Bei der jetzt vorliegenden Planung sollen wir auch weiterhin nicht berücksichtigt werden.“
Nachweislich ständen für Patientinnen und Patienten die Chancen für eine weitestgehende Wiederherstellung der Funktionen umso besser, je früher die Rehabilitation beginne. „Das heißt, die Reha vermag eine Kontinuität der Behandlungskette von der Frührehabilitation (Phase B) bis zur weiterführenden und medizinischen Rehabilitation (Phase C und D) zu gewährleisten.“ Und das rechne sich: Schätzungen gingen davon aus, dass für einen in die Reha investierten Euro zwischen 1,50 Euro und 4,50 Euro an die Volkswirtschaft zurückflössen.
Die Gräflichen Kliniken schließen sich laut ihrer Mitteilung der Kritik der Landesarbeitsgemeinschaft Neurorehabilitation NRW an, die einen „folgenschweren Fehler“ bei der Krankenhausplanung konstatiert und vor einer drohenden Unterversorgung neurologischer Früreha-Patienten in NRW warnt.
Anstatt im bevölkerungsreichsten Bundesland NRW mehr Plätze für die Neurologisch-neurochirurgische Frührehabilitation (NFR) zu schaffen, sollen Versorgungsstrukturen „in seit Jahrzehnten etablierten Rehakliniken“ abgebaut werden. Statt der etablierten Reha-Zentren sollen kleine Einheiten an Akutkrankenhäusern ohne weiterführende Rehabilitation und mit knappem Personal die Versorgung leisten. In NRW werde jedoch ein Großteil der neurologischen Frühreha-Patienten gar nicht in Akutkrankenhäusern versorgt.
Das widerspreche der Forderung nach Bedarf, Qualität und Erreichbarkeit, die das Gesundheitsministerium in den Mittelpunkt der Krankenhausreform stelle. „Das widerspricht der Idee der Krankenhausplanung, die medizinische Versorgung in qualifizierten Zentren mit entsprechender Erfahrung sowie therapeutischer und personeller Ausstattung zu bündeln.“
Damit schade sie den Patienten, die kurzfristig keinen Reha-Platz fänden und von den Krankenhäusern in die Übergangspflege entlassen werden müssten. Wertvolle Zeit gehe verloren.
„Viel zu kleine Einheiten ohne weiterführende Rehabilitation sichern keine Qualität – sie vernichten Lebenschancen.“
Dass spezialisierte Reha-Zentren mit großen, hochspezialisierten Teams von der Versorgung abgeschnitten würden, sei nicht nachvollziehbar und werde zu einer Verschärfung der Unterversorgung führen.
Aktuell befänden sich die neurologischen Reha-Zentren im Anhörungsverfahren zur Krankenhausplanung in Nordrhein-Westfalen.