Dokumentarfilm „Ernte teilen“ im Bad Driburger Kino

Doris Dietrich

Bad Driburg. Ein besonderes Kinoerlebnis bot sich den Besuchern am Dienstag, dem 27. Juni mit dem Film „Ernte teilen – anders ackern für die Zukunft“ in Bad Driburg. Extra zur Vorstellung war der Regisseur Philipp Petruch angereist. Der Kinoabend wurde von Sebastian Becker moderiert. Der Dokumentarfilm zeigt, wie Landwirte in Mecklenburg und Brandenburg ihre Ernte mit den Verbrauchern teilen und so eine nachhaltige und solidarische Landwirtschaft (SoLaWi) praktizieren.

Der Zuschauer wird mitgenommen auf eine Reise in eine interessante und nachdenkenswerte Welt. Zuerst ist die SoLaWi in Klein Trebbow im Focus. Der Landkulturhof ist im Familienbesitz. Seit 2017 sind Markus, Jette, Eileen und Tommy dabei, den Hof neu zu gestalten und eine Solidarische Landwirtschaft aufzubauen. Der Hof hält Hochlandrinder, Freilandschweine, Gänse, Enten und ostfriesische Milchschafe. So werden die Mitbauern mit Gemüse, Obst, Fleisch- und Molkereiprodukten versorgt. Die SoLaWi ist inzwischen zum Treffpunkt für viele Menschen in der Region geworden.

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Die 2. Station ist in Brieselang/Brandenburg, wo sich in eine Gemüse-SoLaWi befindet. Conny, die Initiatorin des Projekts, ist Quereinsteigerin. Sie hat es geschafft, aus dem Nichts eine ganzjährige ökologische Gemüseversorgung für 28 Haushalte zu erschaffen. 2019 ist ein wirtschaftender Verein entstanden, dessen Mitglieder ganzjährig ihr eigenes Gemüse auf einer Fläche von ca. 1 ha Freiland und zwei kleinen Gewächshäusern anbauen. Doch die Zukunft dieser SoLaWi ist bedroht. Die Verpächterin der Fläche, die Kirchgemeinde Falkenhagen, stellt den Pachtvertrag in Frage.

Im dritten Teil lernt der Zuschauer den SoLaWi „Hof Apfeltraum“ kennen. Annette und Boris übernahmen im Jahr 2002 die östlich von Berlin gelegene Gärtnerei „Apfeltraum“. Inzwischen ist das Projekt zu einer großen Gärtnerei mit eigener Tierhaltung angewachsen. Mit ihren fünf Mitarbeitenden bewirtschaften sie 3 ha Freilandgemüsefläche und ein großes Gewächshaus. Eine kleine Herde aus Rindern, Schafen und Eseln versorgt ihr Gartenland mit wertvollem Dung und sorgt für einen fruchtbaren Boden. Getragen wird die SoLaWi von 200 Ernteteilerinnen und Ernteteilern aus dem Großraum Berlin, die wöchentlich mit frischem Gemüse versorgt werden.

Nach der Filmvorführung moderierte Sebastian Becker die Diskussion. Regisseur Philipp Petruch trat in Gedankenaustausch mit den Zuschauern. Er erzählte von den Herausforderungen und Erfolgen des Projekts und gab Einblicke in die Hintergründe der Filmproduktion. Die Zuschauer waren beeindruckt von dem authentischen und inspirierenden Film.

Die Veranstaltung fand in Kooperation mit „Medienbecker“, dem Kino Bad Driburg mit Elina und Thomas Wirth und dem VHS-Zweckverband Bad Driburg, Brakel, Nieheim, Steinheim statt.

Das Inno-Kino ist eine Filmreihe, die Sebastian Becker ins Leben gerufen hat. In regelmäßigen Abständen zeigt das Kino Bad Driburg gemeinsam mit ihm spannende Dokumentarfilme zu unterschiedlichen Themen. Sebastian Becker lädt immer wieder interessante Gäste ins Kino ein, wie Filmemacher oder Experten zum jeweiligen Thema.

Die Klimakrise zeigt, dass wir mit unserem Wirtschaftssystem in eine Sackgasse geraten sind. Landwirt:innen, die unsere Lebensgrundlage sichern, sind davon besonders betroffen. Auf der Suche nach Alternativen begegne ich Menschen, die entschieden haben, etwas zu verändern.
Zusammen mit Verbraucher:innen gründen sie solidarische Gemeinschaften, die sich den Werten Gemeinwohl und Ökologie verschreiben. Inzwischen ist daraus eine Bewegung entstanden, der sich immer mehr Menschen anschließen.

Philipp Petruch

Titelbild: Thomas Wirth, Philipp Petruch und Sebastian Becker vor dem Kino in Bad Driburg.


Infobox

Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi)

Gemeinschaftsgetragene Erzeugung von Lebensmitteln hat in Deutschland eine historische Tradition; in den Dorfgemeinschaften des Mittelalters gab es die Allmende. Dies waren Nutzflächen, die im Eigentum der Allgemeinheit standen und von der Gemeinschaft bewirtschaftet wurden. Dieser Grundgedanke erfährt heute eine Renaissance.

Bei der Solidarischen Landwirtschaft (SoLaWi) handelt es sich um ein System, bei dem eine Gruppe landwirtschaftliche Erzeugung im Voraus finanziert, sich die Erträge entsprechend ihres Eigenbeitrags teilt und Risiken wie mögliche Ernteausfälle gemeinsam trägt. Ein landwirtschaftlicher Betrieb kann so vom Vermarktungs- und Ertragsrisiko entlastet werden; die Mitglieder sollen langfristig an den Hof gebunden werden.

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In Deutschland wurde 1988 der Buschberghof als erster SoLaWi-Betrieb gegründet. Insbesondere in den letzten Jahren hat dieses Konzept einen Gründungsboom erfahren. Zurzeit wirtschaften deutschlandweit 244 Betriebe nach den SoLaWi-Prinzipien. Die Idee stammt aus Japan und wurde dort 1974 von einer Gruppe engagierter Konsumenten und Landwirten ins Leben gerufen. Heute sind Formen der solidarischen Landwirtschaft weltweit zu finden. In Europa sind es über 6.300 mit über einer Million Mitgliedern. In NRW gibt es 29. Auch in OWL findet man erfolgreiche SoLaWis, so in Bielefeld: „Wir sind eine Gruppe von Menschen zwischen 0 und 80 Jahren, Singles, Paare und Familien, die Wert auf biologisch angebautes Gemüse legen. Wir beteiligen uns an Erfolgen, aber auch Risiken des Gemüseanbaus. Mit unserer Genossenschaft sorgen wir für sichere Pachteinnahmen für die Besitzer von Ackerboden. So können wieder mehr regionale Ernten erfolgen, die sich auch für Verpächter lohnen.“

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