Alfred Haberhausen †

Ein ganz persönlicher Nachruf

Von Elisabeth Affani

Bad Driburg. Am 7. März wäre er 76 Jahre alt geworden, am 16. Januar starb er.

Er war mein Kollege, mit ihm saß ich über dreißig Jahre lang in demselben Lehrerzimmer der Friedrich-Wilhelm-Weber-Realschule. Auch sie hat das Zeitliche gesegnet. Um ihr Ende gab es ein bisschen mehr Öffentlichkeit.

Aber ganz sang- und klanglos möchte ich Alfred Haberhausen nicht gehen lassen.

Er war konservativ im besten Sinne. Das Medium, das die Erinnerung an ihn und andere Lehrerinnen und Lehrer konserviert, der Computer, blieb ihm fremd. Den Laptop nannte er in seiner eigenen humorvollen Art „Topflappen“. Während etliche Generationen unserer RealschülerInnen sich bereits im Zehn-Finger-Blindschreiben am PC übten und im Computerraum nicht immer segensreich mit dem Internet umgingen, hielt Alfred Haberhausen beharrlich an der alten, schuleigenen Triumph-Schreibmaschine fest.

Zu meinem Glück widersetzte er sich allen Versuchen junger, eifriger Kolleginnen, die Sitzordnung im Lehrerzimmer aufzulockern, in dem seiner Ansicht nach irrigen Glauben, damit die Kommunikation zwischen den Lehrkräften zu fördern.

Alfred Haberhausen bestand auf seinem Stammplatz und seiner Pause, die er in der Regel entspannt verbrachte, mit über dem altersgemäß zunehmenden Bäuchlein gefalteten Händen. Er unterrichtete neben dem Fach Deutsch auch katholische Religion, was ihm in den letzten Dienstjahren schwerer wurde. „Lieber vier Deutschstunden als eine Religionsstunde!“, seufzte er einmal. Als immer mehr SchülerInnen sich vom Religionsunterricht abmeldeten, schien er nicht böse darum zu sein, weil sie ihm durch ihre fehlende Motivation das Unterrichten nicht mehr erschwerten.

1984 während eines Schul-Gottesdienstes

Wenn er einen Schul-Gottesdienst vorbereitete, gab es die Orgel am Anfang und am Ende, und dazwischen begleitete sie traditionelle Lieder aus dem Gotteslob: „Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren“, „Nun danket alle Gott mit Herzen, Mund und Händen“ und „Großer Gott, wir loben dich“.

„Doch um so reicher war sein kluger Kopf, / An feinem Witz und leuchtenden Gedanken, / Der alte Herr, ein lebend Wörterbuch …“

Friedrich Wilhelm Weber

Sein literarisches Wissen war beeindruckend. Ich suchte ein altes Gedicht über eine Wäscherin und fand es nirgends. Er benötigte einen Tag und präsentierte es mir in einem alten, abgegriffenen Lyrikband. Webers Worte aus dem „Goliath“ passen auch auf Alfred Haberhausen: „Doch um so reicher war sein kluger Kopf, / An feinem Witz und leuchtenden Gedanken, / Der alte Herr, ein lebend Wörterbuch …“.

Ihm als Fachvorsitzenden verdankten wir einen föderalistischen Seitensprung zum Bayrischen Schulbuchverlag, als er uns Kollegen ein neues Sprachbuch aufdrückte. Wir hatten Schöningh und Klett im Angebot, er wollte „mehr Texte und weniger Bildchen“.

Alfred Haberhausen spielte Schach. Im Jahre 1984 siegte er in einem Schachturnier des Schachvereins Brakel, bei dem er laut Lokalzeitung „nicht ein einziges verlorenes Spiel zu verbuchen hatte“.

Den Namen des Dichters, Arztes und Politikers Friedrich Wilhelm Weber schrieb er stets korrekt, in Verbindung mit der Realschule mit den notwendigen Bindestrichen, die später oft der künstlerischen Freiheit zum Opfer fielen.

Arbeit musste für ihn einen Sinn haben. Sinnlos fand er Aufgaben, die nur einen verwaltungstechnischen Hintergrund zu haben schienen. Er übernahm sehr widerwillig die Gestaltung eines Verkehrskonzeptes unserer Realschule, das er seinen Worten nach „nur für die Schublade“ erarbeitete.

Fortbildungen nach neumodischem Muster machte er mit, nannte sie jedoch „Ringelpiez mit Anfassen“. Morgens konnte es einer Kollegin passieren, dass er auf ihr frisch-fröhliches „Guten Morgen!“ hin brummelte: „Was soll an diesem Morgen schon gut sein!“

Sinnvoll war ihm, seine SchülerInnen zum sauberen Schreiben und zum Rechtschreiben anzuhalten, mitunter wandte er auch Druck an und kniff einem uneinsichtigen Zögling in die Wange, wenn er es am nötigen Fleiß mangeln ließ: „Bursche!“

Zu seinem sechzigsten Geburtstag 2007 wünschte ihm ein Fachkollege „weiterhin starke Nerven im anstrengenden Lehrerberuf, ob mit guten Schülern oder Bösewichtern“, und machte ihm Mut mit Worten aus dem Psalm 68: „Gott legt uns eine Last auf, aber er hilft uns auch!“ Drei Jahre später trat er seinen Ruhestand an.

1984 Klasse 10b
1992 Klasse 10a
1994 Klasse 10a
2005 Klasse 10c
Während einer Lehrerfortbildung 2008

Titelbild: Alfred Haberhausen geht in Pension