Die Friedensglocke ertönte gestern in Bad Driburg
Doris Dietrich war für uns dabei
Bad Driburg. Abends zieht Ruhe ins Fahrerlager ein. Die Pferde sind versorgt und die Kutscher und Kutschfahrerinnen sind etwas ausgeruht. Die Tagesstrecke ist geschafft.
Im Schein der untergehenden Sonne zeigte der Verein einen Multimedia-Vortrag über den Verein und seinen Friedenstreck.
Die Friedensglocke wurde aus Kriegsmaterialien, wie Hülsen und Ähnlichem gegossen. Die fertige Glocke, die Pferde, die Kutschen und alle Beteiligten erhielten einen Segen. Dann brach der Treck auf.
FRIEDEN SEI IHR ERST GELÄUTE!
Friedrich Schiller
Die längste Tour startete in Brück in Brandenburg und führte durch Polen nach Weliki Nowgorod in Russland.
Überall wurde der Treck freundlich begrüßt – manchmal mit Tanz – manchmal mit Musik und oft mit Gesang, auch dort, wo die Deutschen im 2. Weltkrieg als Besatzer hinkamen. Die Friedensglocke soll Symbol sein für das friedliche Zusammenleben der Menschen. Ein polnischer Pfarrer begrüßte den Treck und erzählte von seinem Vorvorgänger, den Deutsche umbrachten. Ein russisches Mütterchen freute sich ehrlich über den Treck: „Endlich kommt ihr … als Freunde“. Das sind die Momente, die alle Anstrengungen vergessen lassen.
In genau vier Jahren und vier Monaten an Weihnachten 2025 wird die Glocke, die inzwischen in einem kleinen Glockenstuhl auf einem Wagen montiert ist, Jerusalem erreichen.
Dort kündet sie dann vom Friedenswillen.
Gespräche am Rande zeigten die persönliche Anteilnahme der Fahrer und Fahrerinnen. So erzählte ein Kutscher von seinen Erlebnissen auf dem Treck, der dieses Jahr durch Bad Driburg führt. 14 Tage fährt er im Treck mit, versorgt sein Pferd und schläft nachts in der Kutsche. Bei schönem Wetter ist das angenehm, bei schlechtem Wetter schon nicht mehr. Auch die Anreise zum Startpunkt und die Rückreise nach Hause muss geplant und bewerkstelligt werden.
Zwei Kutschfahrerinnen berichteten, dass sie schon beim letzten Mal ein Stück des Trecks mitgefahren sind. Deshalb möchten sie auch dieses Jahr mit dabei sein. Sie freuen sich auf Begegnungen, auf Gespräche und ein bisschen Idylle.
Alle wünschen sich nicht nur an diesem Abend, dass die Friedensglocke von vielen Menschen gehört wird, Frieden für alle auf der Welt möglich wird und lange hält.
Infobox
Die Vision
GLOCKEN BRINGEN FRIEDEN
„Frieden sei ihr erst Geläute“
Als im Ersten und Zweiten Weltkrieg Kirchenglocken abgehängt und für Geschütze und todbringende Waffen eingeschmolzen wurden, titulierte man dies heroisch als „Metallspenden des deutschen Volkes“. Kupfer, Messing, Zink und Zinn dienten der Herstellung von Geschosshülsen und anderem Kriegsgerät. Goldene Eheringe wurden im Ersten Weltkrieg gegen Metallringe getauscht, die die patriotische Inschrift trugen „Gold gab ich für Eisen“. Selbst vor bronzenen Grabengeln oder Zinnpfeifen aus Orgeln machte die Aufrüstung aus Altmetall nicht halt.
Kunstschätze gingen verloren. Menschen auch – Millionen durch den grausamen Tod auf den Schlachtfeldern, in den Städten und Dörfern. Am Ende des Zweiten Weltkrieges waren 75.000 Glocken eingeschmolzen worden.
Der Verein Friedensglocke wählt nun den umgekehrten Weg, einen friedlichen. Wir sammeln Kriegsmaterial aus Metall und gießen daraus eine Glocke, eine wahrhaftige Friedensglocke. Sie soll unser Symbol dafür sein, Menschen unterschiedlicher Nationalität, Konfession oder Hautfarbe zusammenzubringen, im Gespräch Meinungen auszutauschen, Vorurteile ab und Freundschaften aufzubauen. Unsere Friedensglocke soll ihrer schönsten Bestimmung wieder gerecht werden, wie sie Friedrich Schiller anmahnte. ⬇️