„Warum ist das Licht gegeben dem Mühseligen?“
Chorkonzert zum Volkstrauertag in der katholischen Pfarrkirche St. Peter und Paul
Bad Driburg. Die fünfzehn Sängerinnen und Sänger des Vokalensembles, das die Organistin und Chorleiterin Mona Rozdestvenskyte neu zusammengestellt hat, begannen ihr A-Cappella-Konzert am Nachmittag des Volkstrauertages im Kirchenraum verteilt und überraschten damit die zahlreichen Zuhörer.
In Knut Nystedts Bearbeitung des Bachchorals „Komm, süßer Tod“ mit der Bezeichnung „Immortal Bach“ („Unsterblicher Bach“) scheinen die Stimmen auseinander und gegeneinander zu laufen, fanden zwischendurch und am Ende jedoch in den Fermaten harmonisch wieder zusammen.
Den Titel des Konzertes stiftete die gleichnamige Motette von Johannes Brahms, die er ähnlich wie im „Deutschen Requiem“ aus Zitaten des Alten und Neuen Testaments zusammensetzte. Der Komponist stellte sich wie viele Menschen die Frage, warum Gott so viel Leid in der Welt zulässt, wenn er doch gut, gerecht und allmächtig ist. Der Chor drückte das Leid im dunkel gefärbten, teils dissonanten Anfangssatz bewegend aus und meisterte die schwierigen Wechsel in verschiedene Dur- und Molltonarten. Auch die harmonischere Gestaltung von Luthers Choral im Schlussteil („Getrost ist mir mein Herz und Sinn“) lässt die Frage nach dem Warum ungelöst.
Während Mona Rozdestvenskyte die Orgelempore aufsuchte, ging Edgar Zoor, Krankenhausseelsorger und Mitsänger, auf den Hintergrund der Theodizee ein, der Frage nach dem gerechten oder strafenden Gott.Nun erklangen, versöhnlicher und fast verklärt, zwei der elf Choralvorspiele op. 122 von Johannes Brahms, seines letzten Werks, das er der von ihm verehrten Clara Schumann widmete. Der Chor folgte der romantischen Linie mit Felix Mendelssohn Bartholdys Motette „Herr, nun lässest du deinen Diener in Frieden fahren“ und dem machtvollen „Ehre sei dem Vater“ im Schlussteil. Max Regers „Nachtlied“ und „Unser lieben Frauen Traum“ intonierte das Ensemble schlicht und eindrucksvoll. Reger komponierte seine acht geistlichen Gesänge, während der Erste Weltkrieg Europa erschütterte. Er erlebte dessen Ende nicht mehr.
Nun ging der Chor noch einmal in die Romantik zurück, zu Johannes Brahms‘ „Waldesnacht“, einem der Meisterwerke romantischer Chorliteratur. Das Ensemble zeichnete den Kontrast zwischen dem hektischen Alltag und der friedlichen Stille der Natur nach, und die Harmonie der Schlusspassagen („Wildes Herz, nun gute Nacht“) scheint zu dominieren.Moderator Edgar Zoor führte die Zuschauer in die Realität zurück, die raue, materialistische Gegenwart. Das Stück „Daemon Irrepit Callidus“ des Zeitgenossen György Orban gleicht eher einem hektischen Sprechgesang. Der Dämon schleicht sich listig ein, er verlockt das Herz mit Ehren und stellt uns Fallen, ködert unseren Sinn, mästet uns und schwemmt uns auf. So schildert es der von Franz-Josef Eilebrecht übersetzte Text. Die Zuschauer wurden durch den energiegeladenen Chor aus der romantischen Lethargie gerissen.Modern ging es weiter, mit Vytautas Miškinis‘ „Cantate Domino“ und der schwungvollen Aufforderung aus dem Psalm 98, dem Herrn ein neues Lied zu singen.
Die Chorleiterin Rozdestvenskyte hatte in ihrer Einladung geschrieben, dass das Konzert „durch die Dunkelheit und den Schmerz auch den Blick in Richtung des Friedens und der adventlichen Vorfreude richtet“. Daher endete es mit Knut Nystedts „Peace I leave with you“, mit dem das Ensemble einen experimentellen, neuen Chorklang präsentierte. Als Zugabe durften sich die Zuhörer über Gabriel Rheinbergers vertrautes Abendlied („Bleib bei uns, denn es will Abend werden“) freuen.