Doris Dietrich
Bad Driburg. Die Diotima Gesellschaft ist dafür bekannt, hochkarätige Künstlerinnen und Künstler nach Bad Driburg einzuladen. So geschehen am Samstag, dem 1. April. Im Theatersaal des Gräflicher Park Health & Balance Resort wurden als Einstimmung leise im Hintergrund Lieder von Marlene Dietrich gespielt. Zur Begrüßung erhielt jeder Gast ein Glas Sekt. Annabelle Gräfin von Oeynhausen-Sierstorpff als Vorsitzende der Diotima Gesellschaft begrüßte die Schauspielerin Claudia Michelsen sowie die zahlreich erschienenen Besucher. Als Hommage an die Stilikone trugen die Gastgeberin und die Künstlerin klassische Hosenanzüge mit weiten „Marlene-Hosen“ und gaben so der Veranstaltung eine persönliche Note.
Claudia Michelsen versprach in einer kurzen Einführung: „Dies‘ wird eine ruhige Lesung.“ Nuancenreich und berührend schilderte sie die Erlebnisse der Marlene Dietrich beginnend in deren Kindertagen bis zu ihrer Zeit als Weltstar. Sie wuchs behütet in einem wohlhabenden Elternhaus in Berlin auf. Die Schule empfand sie als Gefängnis, in dem sie Angst vor Lehrern, Strafen und der Einsamkeit unter den älteren Klassenkameradinnen hatte. Sie verehrte ihre Französisch-Lehrerin Mademoiselle Breguand sehr, die plötzlich mit Beginn des Ersten Weltkrieges verschwunden war, denn diese war schließlich einer der “Erbfeinde”. Am 14. Juli, dem französischen Nationalfeiertag, steckt das Mädchen Marlene den französischen Kriegsgefangenen weiße Rosen durch den Stacheldraht.
Es ist mucksmäuschenstill im Theatersaal, als Claudia Michelsen die Zuhörer mit sanfter Stimme an den gefährlichen Zaun führt und als sie erzählt, dass das Mädchen Marlene damals deswegen von der Schule verwiesen wurde.
Es sind Frauen, die Marlene Dietrich von Kindesbeinen an geprägt haben. Eine charmante und elegante Großmutter, die in ihr das Verlangen nach schönen Dingen weckte. Pferde, Kleider und Schmuck eben, aber auch Literatur, Musik und Kunst. Eine Mutter, die sie zur Pflicht erzog. Ihr Vater war schon früh gestorben, ihr Stiefvater an der russischen Front seinen schlimmen Verletzungen erlegen. So hat der Krieg ihr nicht nur den Schlaf geraubt. Sie kam in ein Internat nach Weimar. Doch die Sehnsucht nach echter Liebe ließ die einsame junge Frau nicht los. Sie lernte Rudolf Sieber kennen, mit dem sie erste Gehversuche vor einer Filmkamera machte. Sie heirateten und bekamen Tochter Maria, beider ganzes Glück.
Während Marlene Dietrich für das Kinopublikum verdorbene Frauen darstellte, war sie doch viel lieber eine gefühlvolle Mutter.
Im „Blauen Engel“ (Regisseur Josef von Sternberg) schwebte sie über die Leinwand. Diese Rolle ermöglichte ihr den ersten Nerzmantel und eine Karriere in Hollywood.
Nun musste die Entwurzelte perfektes Englisch sprechen und “irgendwie mysteriös sein”. Als Femme fatale faszinierte sie und sie verwischte mit Hut und Krawatte die Geschlechterrollen. Zugleich lernte sie den Schriftsteller Erich Maria Remarque kennen und lieben. Ihre große Leidenschaft aber war Jean Gabin.
Im Juni 1939 nahm Marlene Dietrich die amerikanische Staatsbürgerschaft an. Nach der deutschen Kriegserklärung an die Vereinigten Staaten Ende 1941 sammelte sie Geld zur Finanzierung des Krieges gegen Hitler. Ab 1944 engagierte sie sich in der United Service Organization (U.S.O.), der Truppenbetreuung der US-amerikanischen Armee. In Lazaretten in Nordafrika, Italien, Frankreich, Belgien und schließlich in Deutschland trat sie vor amerikanischen Soldaten und deutschen Kriegsgefangenen auf. Nach 1945 wurde Marlene Dietrich für ihre Verdienste mit der amerikanischen „Medal of Freedom“ und dem französischen Kreuz der Ehrenlegion ausgezeichnet.
Danach wurde sie ein Star in Las Vegas. Ihr körperlicher Verfall machte ihr schwer zu schaffen. Nacheinander starben all ihre geliebten Männer. Es wurde noch einsamer um die Einsame. Anders als in vielen ihrer Filme gab es kein Happy End.
Die alte Dame Marlene Dietrich begab sich in selbstgewählte Einsamkeit. In ihrer Pariser Wohnung schrieb sie ihre Memoiren. Die Erinnerungen an einst glorreiche Zeiten suchte sie mit Alkohol und Tabletten hervorzulocken. Am 6. Mai 1992 starb Marlene Dietrich in Paris. Ihre letzte Ruhestätte befindet sich in Berlin. Die einzige Tochter Maria Riva (98) lebt heute in Los Angeles.
Das Publikum dankte Claudia Michelsen mit langem Applaus für diesen bewegenden Abend. Beim Verlassen des Theatersaals erklang das wohl bekannteste Lied „Sag mir, wo die Blumen sind“. Die Melodie begleitete alle Besucher auf dem Weg nach Hause.
Quellen: https://www.nordbayern.de , https://www.gdw-berlin.de , Wikipedia
Die nächste Veranstaltung der Diotima Gesellschaft findet am 12. Mai um 19.30 Uhr statt. Jan Weiler stellt in einer Lesung sein Buch „Älternzeit“ vor.
Vom 16. bis 20. August 2023 findet wieder eine Schreibwoche mit dem Autorenpaar Amelie Fried und Peter Probst statt. Die beiden Bestsellerautoren vermitteln die Grundlagen kreativen Schreibens, die sofort in die Praxis umgesetzt werden können.
Es war im September 1975, Sydney erwartete mit Spannung ein groß angekündigtes Galakonzert mit Marlene Dietrich, Hollywoodstar und Inbegriff lasziver Weiblichkeit und kühler Verführung.
Das legendäre Her Majesty’s Theatre am Haymarket, das es heute nicht mehr gibt, war ausverkauft.
Geplant war, dass der berühmte Star des Abends, wie üblich bei ihren Auftritten, aus dem Dunkel der Bühne an die von nur einem Scheinwerfer beleuchtete Rampe tritt und unter Applaus einen ihrer signature Songs singt.
So sollte es also auch am Abend des 29. September sein, doch es kam ganz anders.
Die Musik spielte auf, das Theaterlicht wurde runtergedreht, das zumeist wohlsituierte Publikum in Abendkleid und Smoking verstummte erwartungsvoll, doch dann ……..nur ein Schrei und dann……… Stille.
Nach einer Schrecksekunde liefen Bühnenarbeiter herbei und beugten sich über den geöffneten Orchestergraben.
Dort unten lag bewegungslos und im Dunklen kaum erkennbar, Marlene Dietrich, dieselbe Frau, die so furchtlos amerikanische Truppen im 2. Weltkrieg an der Front besucht und die Boys mit ihren erotisch angehauchten Liedern zu Begeisterungsstürmen hingerissen hatte.
Jetzt brauchte die Diva in den 70ern selber Hilfe und wie ein atemloser Reporter des Sydney Morning Herald berichtete, rief die Theaterleitung nach einem Arzt aus dem Publikum.
Nun war klar, dass dies nicht nur ein leichter Ausrutscher war. Der Vorhang senkte sich über vor der Bühne, die Show wurde abgesagt und eine Rückerstattung des Eintrittsgeldes versprochen.
Die Nachricht vom Sturz der Diva ging um die Welt und vielerorts wurde über die Gründe spekuliert. War die 1901 in Schönberg geborene Polizistentochter zu alt fürs Showbusiness, war sie vielleicht betrunken, denn ihr wurde ein Alkoholproblem nachgesagt oder war es einfach Schlamperei, dass ihr Weg über die dunkle Bühne nicht ausreichend und sicher markiert war?
Eine Untersuchung des Vorfalls hat es nie gegeben.
Fest steht, dass Dietrich einen offenen Oberschenkelhalsbruch erlitten hatte, der sie für den Rest ihres Lebens zwingen würde, mit Hilfe eines Stocks zu gehen.
In Sydney hütete Marlene Dietrich erst mal das Bett. Am 5. Oktober verließ sie das St. Vincent Krankenhaus im Stadtteil Darlinghurst wieder, eingehüllt in weiße Bettücher, um sie vor den Pressefotografen und den neugierigen Blicken der Öffentlichkeit zu schützen.
Sie flog stracks nach New York, verbrachte weitere Wochen in einem Krankenhaus und zog sich schließlich für immer in ihr Apartment in Paris zurück. Sie erlaubte es nie wieder, fotografiert zu werden und lehnte Besuche von Freunden ab.
So begann der Mythos der einsamen Diva, die 1992 – an einem schönen Frühlingstag – verstarb und heute in ihrer Geburtsstadt Berlin beigesetzt ist.
Ihre Fans trauern noch heute und am kürzlichen 25. Jahrestag ihres Todes legte selbst der Regierende Bürgermeister der Hauptstadt einen Kranz auf ihr Grab.
Marlene Dietrich ist offiziell unvergessen
https://www.sbs.com.au/language/german/de/article/tragic-fall/mgm8qi285