Woher hat die Hölderlinstraße ihren Namen?
Elisabeth Affani
Bad Driburg. Die Hölderlinstraße zweigt von der Mühlenstraße kurz vor der Langen Straße in östlicher Richtung ab, beschreibt einen rechten Winkel nach Norden und trifft nun auf die Lange Straße.
Friedrich Hölderlin (1770 bis 1843) war Dichter. Er wurde im gleichen Jahr wie Ludwig van Beethoven geboren und starb, als Friedrich Wilhelm Weber 30 Jahre alt war.
Wie kam ein Württemberger nach Bad Driburg?
Er sollte nach dem Wunsch der Mutter Pfarrer werden, wollte aber lieber dichten. Da man von der Dichtkunst nicht gut leben konnte, verdiente er als Hauslehrer der Söhne reicher Bürger seinen Lebensunterhalt. Er wechselte oft die Stellen. Zwangsläufig begegneten ihm dort auch junge Frauen. Eine dieser Begegnungen soll nicht ohne Folgen geblieben sein.
Im Januar 1796 trat er die Stelle des Hauslehrers in Frankfurt an, im Haus des Bankiers Jacob Gontard, der mit seiner Frau Susette vier Kinder hatte. Im Juli schickte der Bankier seine Familie mit dem Hauslehrer und einer Gesellschaftsdame nach Kassel, weil Napoleons Truppen anrückten. Von Kassel reiste die Gruppe nach Driburg weiter.
Gelegenheit macht Liebe. Hölderlin, ein Meister des Schwärmens, schwärmte drei Wochen lang von der schönen Driburger Natur, der Idylle des Bades und von Susette: „In unserem Bade lebten wir sehr still und machten weiters keine Bekanntschaften, brauchten auch keine, denn wir wohnten unter herrlichen Bergen und Wäldern.“
Da er nicht offen von Susette schwärmen durfte, nannte er sie in seiner Dichtung Diotima. Nun bleibt in Driburg jedoch nichts verborgen, die Affäre kam ans Licht. Der Bankier tobte und entließ Hölderlin.
Mit seinem Briefroman „Hyperion“ setzte Hölderlin seiner geliebten Susette-Diotima ein dichterisches Denkmal, im Bad Driburger Kurpark gibt es das Hölderlin-Haus und den Hölderlin-Hain, und diesem gegenüber ruht, auf einer eigenen Insel im Teich, auch die Büste seiner Geliebten auf einer Stele.
In Hölderlins „Hyperion“, der auf einer griechischen Insel lebt, lesen wir über Diotima, dass sie ein himmlisches, edles Wesen ist, das sogar kochen kann, das herzerfreuende Speisen zubereitet.
Er schwärmt: „Die Hände brannten mir, wie Kohlen, da ich sie berührte.“ Der junge Mann sieht sie in wandelloser Schönheit, mühelos, in lächelnder Vollendung stehen. Sie bringt Gleichgewicht in seine Seele.
Trotz endlosen Schwärmens für Diotima kommt er auf die aberwitzige Idee, in den Krieg zu ziehen, die Halbinsel Peloponnes von den Türken zu befreien.
Diotima ist nicht begeistert: „Wirst du denn nicht die Liebe verlernen?“ Sie bittet ihn: „Lass den Krieg zu lange nicht dauern, um des Friedens willen, Hyperion, um des schönen, neuen, goldenen Friedens willen.“
Aber er muss die Welt retten: „Ein Schwert zu brauchen, hab‘ ich gelernt.“ Nun schwärmt er vom Krieg. „Gerechter Krieg macht jede Seele lebendig.“
Das Abenteuer endet mit einer Niederlage. Als Hyperion begreift, auf was er sich eingelassen hat, klagt er: „O meine Diotima, hätte ich damals gedacht, wohin das kommen sollte?“
Zu spät will er auf seine griechische Insel zurückkehren. Er kann nur noch um seine Geliebte trauern. „Einen schönen Tod ist meine Diotima gestorben.“
Hölderlins Susette starb 1802 an den Röteln. Der Dichter verlor in den Folgejahren sein inneres Gleichgewicht komplett.
Die Zeit in Driburg soll seine schönste gewesen sein.
Hälfte des Lebens
Mit gelben Birnen hänget
Und voll mit wilden Rosen
Das Land in den See,
Ihr holden Schwäne,
Und trunken von Küssen
Tunkt ihr das Haupt
Ins heilignüchterne Wasser.
Weh mir, wo nehm’ ich, wenn
Es Winter ist, die Blumen, und wo
Den Sonnenschein,
Und Schatten der Erde?
Die Mauern stehn
Sprachlos und kalt, im Winde
Klirren die Fahnen.
Friedrich Hölderlin 1804