Doris Dietrich
Bad Driburg. Der erste Schrei eines Neugeborenen ist etwas ganz Besonderes. Das kann Doris Meier, Hebamme im Ruhestand aus vollem Herzen bestätigen. „Bad Driburg im Blick“ traf sich mit ihr zu einem sommerlichen Gespräch. Anschaulich erzählte sie über ihr Leben. Fast 2000 Kindern hat sie auf die Welt geholfen. „Oft treffe ich die Mütter wieder und freue mich über die inzwischen großen Kinder.“
Ihre Eltern heirateten 1957. Ihr Vater, Josef Meier war stellvertretender Stadtdirektor. „Er hat in seiner aktiven Zeit viel für Bad Driburg auf den Weg gebracht“, erzählte sie. Doris wuchs zusammen mit ihrer Schwester und ihrem Bruder in Bad Driburg auf.
„Als ich in der Schule nach meinem Berufswunsch gefragt wurde, musste ich nicht lange überlegen. Hebamme war meine klare Antwort“, so Doris Meier. Im Alter von 16 Jahren bekam sie alle 14 Tage als sogenannte „Sonntagshelferin“ im St. Josef Hospital Bad Driburg einen ersten Einblick in die Arbeit. Dort lernte sie die Hebamme Frau Rölfing kennen, die den Berufswunsch verstärkte. „Dieses Krankenhaus ist immer mein Krankenhaus gewesen“, so Doris Meier. 1980 legte Doris Meier ihr Abitur ab. Nach der Geburt ihres Sohnes begann sie in Paderborn eine zweijährige Ausbildung zur Hebamme. An der Landesfrauenklinik Paderborn erlangte sie den Abschluss als staatlich examinierte Hebamme. Danach begann sie ihre Tätigkeit am „St. Josef Hospital Bad Driburg“. 1997 wurde Doris Meier die Leitung des Kreißsaals übertragen. „Als es um die Planung des neuen Kreißsaals ging, haben meine Kolleginnen und ich mit am Tisch gesessen. Unsere Ideen wurden aufgenommen immer im Interesse der werdenden Mütter und ihrer Neugeborenen“, berichtete Doris Meier.
Die Arbeit als Hebamme hat mit der Geburt eines Menschen und der Betreuung der Mutter viele schöne Seiten. Niemand ist so häufig Zeuge dieses einmaligen Ereignisses. Die Freude der Familie über das neue Leben und das neue Familienmitglied macht den Beruf zu etwas ganz Besonderem. Der werdende Vater ist eine wichtige Stütze während der Geburt. Er kann die Hand seiner Partnerin halten und positiv auf den Verlauf der Geburt wirken.
Kleine Anekdoten bleiben Doris Meier ein Leben lang im Gedächtnis: „Es klingelte an der Tür. Wir waren im Garten und gerade mit der Kirschernte beschäftigt. Eine aufgeregte Nachbarin bat ganz schnell zu kommen. Eine werdende Mutter lag in den Wehen. Ich sprach beruhigend mit der jungen Frau und legte meine Hände auf ihren Leib. Eile war geboten. Der Krankenwagen kam und wir schafften es gerade noch in den Kreißsaal.“
Am 31. Dezember 2007 gingen die Lichter in der „Gynäkologischen und geburtshilflichen Abteilung“ in Bad Driburg für immer aus. Doch wenn sich eine Tür schließt, öffnet sich eine andere. Ab Sommer 2008 arbeitete sie deshalb selbstständig freiberuflich. „Meine Kurse fanden quasi zu Wasser und an Land statt. In einem Raum in meinem Haus bot ich Kurse zur Geburtsvorbereitung an. Wasser ist meine große Leidenschaft und so führe ich weiterhin Kurse zur Wassergymnastik durch. Die Nachfrage war immer sehr groß“, erzählte sie.
Mit großer Freude arbeitet sie heute als Angestellte in der „Schwimmschule Schumacher“. Im Haus Kanne in Siebenstern ergab sich eine neue Möglichkeit für Schwimmkurse. „Beim Babyschwimmen betreue ich jeweils sechs Babys in der Gruppe. Dankbar wird auch die Wassergymnastik für Schwangere angenommen“, berichtete Doris Meier.
Am Buch „Medizingeschichte der Stadt Bad Driburg – 1800 bis 2000“ war Doris Meier als Mit-Autorin beteiligt. Dr. Dierk Rosemeyer, ehemaliger Leiter der Rosenberg-Klinik, hat zusammen mit Zahnarzt Dr. Andreas Grodeck und Apotheker Dr. Ulrich Niewöhner dieses Buch geschrieben. Es ist als Heft 36 der Schriftenreihe des Heimatvereins Bad Driburg erschienen. Viele Jahre intensiver Recherche-Arbeit lagen hinter ihnen. Ein Kapitel enthält eine Zusammenstellung aller Hebammen in Bad Driburg und seinen Ortsteilen. Eine kurze Geschichte von Beruf und Ausbildung der Hebammen ergänzen die Darstellung. Die Recherche war nicht immer einfach, denn die Hebammen wohnten meist auf dem Land. Erst in den 1960er Jahren wurden Hebammen im Krankenhaus fest angestellt, obwohl es seit 1937 eine geburtshilfliche Abteilung gab.
Liebevoll kümmert sich Doris Meier um ihre über 90 Jahre alte Mutter. Viele helfende Hände, z. B. von der Caritas sind an ihrer Seite, um im Verhinderungsfall für die Mutter zu sorgen. Ein paar herrliche Urlaubstage hat sie gerade gemeinsam mit ihrer Mutter in Werder auf einem Hausboot verbracht. „Wir hatten eine schöne Zeit. Im Juni wurde meine Mutter wieder Uroma. Sie freute sich sehr, das neue Urenkelkind im Arm zu halten.“
Doris Meier begeistert sich auch für Musik. Sie ist seit 1993 Mitglied des Fanfarenzuges Blau-Weiß Bad Driburg e.V., inzwischen als passives Mitglied. „Gern habe ich im Gospelchor in Höxter gesungen. Heute bin aktiv im Chor ‚Schola‘ in Buke, den meine Schwester leitet. Wir gestalten im Jahreskreis die Messen der Gemeinde St. Dionysius an Feiertagen oder zu besonderen Gelegenheiten musikalisch mit.“
Wenn sie Zeit zum Lesen hat, greift sie gern zu Romanen mit historischem Hintergrund, z.B. über Elisabeth I. „Sie sind spannend und interessant zugleich. Hörbücher begleiten mich auf längeren Autofahrten.“
Infobox
Am 6. Dezember 2023 hat die UNESCO das Hebammenwesen in die Liste des Immateriellen Kulturerbes der Menschheit aufgenommen. Hebammen begleiten werdende Mütter vom Beginn der Schwangerschaft über die Geburt bis zum Ende der Stillzeit und unterstützen Familien beim Übergang in einen neuen Lebensabschnitt. Während der Schwangerschaft übernehmen und veranlassen Hebammen Vorsorgeuntersuchungen, beraten und begleiten bei Beschwerden oder der Wahl des Geburtsortes. Die Geburt zählt zu den Schlüsselmomenten eines jeden Lebens weltweit. Es ist ein tiefes Bedürfnis, dabei eine verlässliche, medizinisch kundige Begleitung und Unterstützung zu erfahren. Das Hebammenwesen ist weltweit in die Tradition und Geschichte der Menschheit eingewoben. Die Aufnahme in die UNESCO-Liste würdigt die herausragende Stellung des Hebammenwesens als wichtigen Teil der menschlichen Kultur und Tradition.
Kennen auch Sie interessante Menschen, die wir bei „Bad Driburg im Blick“ vorstellen können? Lassen Sie es uns wissen, gerne bei Kommentaren bei Facebook oder hier im Blog.
Bad Driburg im Blick stellte interessante Bad Driburger vor:
Titelbild:
Doris Meier erzählt anschaulich aus ihrem Leben
Hier noch ein paar historische Fakten zum Thema Hebamme:
Die Tätigkeit einer Hebamme wird als einer der ältesten Frauenberufe angesehen. Tempelmalereien von der Drillingsgeburt der Pharaonenkinder des ägyptischen Sonnengottes Re aus dem dritten Jahrtausend vor Christus sind eines der ältesten Zeugnisse der Hebammenkunst.
In der Antike (bzw. im antiken Athen) war es gemäß Sokrates’ Ausführungen in Platons Dialog Theaitetos Brauch, dass nur Frauen Hebammen werden konnten, die selbst schon geboren haben, ihres Alters wegen aber selbst nicht mehr schwanger werden konnten. Durch diesen Brauch sollte sichergestellt werden, dass Hebammen jederzeit zur Verfügung standen und durch ihre eigene Geburtserfahrung befähigt waren, Geburtshilfe zu leisten.
Das erste Hebammenlehrbuch Gynaikeia („Gynäkologie“) wurde um 117 von Soranos von Ephesos verfasst. Dieses Lehrbuch wurde um 220 vom griechischen Arzt Moschion bearbeitet und erneut herausgegeben. Es fasste in lateinischer Sprache erstmals Standards der Geburtshilfe zusammen und brachte damit das Fach maßgeblich voran.
Am 22. September 1890 fand der erste deutsche Hebammentag mit über 900 Frauen in Berlin statt. Hierbei ging es hauptsächlich um das Einkommen. Denn seitdem ab 1850 in Preußen für die Ärzte die Geburtshilfe ein Pflichtfach wurde, verdienten die Hebammen nur einen Hungerlohn. Auch forderte die Versammlung eine gründliche Desinfektion in Kreißsälen und Geburtszimmern. Kontaktinfektionen mit Bakterien durch die ungewaschenen Hände der Ärzte, die das gefährliche Kindbettfieber hervorrufen, wurden zwar schon 1846 durch Ignaz Semmelweis nachgewiesen, seine Erkenntnisse aber jahrzehntelang nicht anerkannt.
In Deutschland führten männliche Hebammen bis zur Reform des Hebammengesetzes Ende 2019 die Berufsbezeichnung Entbindungspfleger.
Quelle:
https://de.wikipedia.org/wiki/Hebamme