Nachhaltig, aber nicht wirklich barrierefrei?

Teutoburger Wald/OWL erhält Tourismus-Zertifikat

Alexander Bieseke

Bielefeld/Bad Driburg. Während sich die Region über die TourCert-Auszeichnung freut, bemängeln Menschen mit Behinderungen fehlende Transparenz zur Barrierefreiheit. Wurde der Kreis Höxter beteiligt?

Bielefeld, 19. September 2025. – Die Urlaubsregion Teutoburger Wald/Ostwestfalen-Lippe (OWL) ist offiziell als „Nachhaltiges Reiseziel“ zertifiziert. Die Auszeichnung nach den Kriterien der Organisation TourCert wurde im Rahmen des Förderprojekts „Modellregion Nachhaltiger Tourismus im Teutoburger Wald“ (MoNaTour) verliehen.

Bei der feierlichen Übergabe am 18. September nahmen die Landräte der Kreise Lippe, Minden-Lübbecke, Paderborn, Gütersloh und Herford, Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen sowie Vertreter des Teutoburger Wald Tourismus der OstWestfalenLippe GmbH die Urkunden entgegen. Das Projekt wird durch Mittel von Land und EU gefördert und seit 2024 von der OWL GmbH koordiniert.


Wirtschaftsfaktor Tourismus mit Nachhaltigkeitsanspruch

Rund 3,1 Milliarden Euro Umsatz und 53.000 Arbeitsplätze hängen in OWL direkt oder indirekt am Tourismus. „Mit knapp sieben Millionen Übernachtungen pro Jahr und Platz drei im NRW-Vergleich müssen wir uns nicht verstecken“, betonte Björn Böker, Geschäftsführer der OWL GmbH.

Mit der Zertifizierung will die Region ihre Attraktivität weiter ausbauen – nicht nur für Gäste, sondern auch für Einheimische, die von neuen Freizeit-, Gastronomie- und Mobilitätsangeboten profitieren sollen. Durch die stärkere Einbindung regionaler Erzeuger bleibe zudem mehr Wertschöpfung vor Ort.


Mehr als 160 Betriebe machen mit

Bereits über 160 Tourismusbetriebe – von Hotels über Gaststätten bis zu Hofläden – haben sich im Rahmen von MoNaTour verpflichtet, Nachhaltigkeit in ihren Betrieben stärker umzusetzen.
Nachhaltigkeit ist längst ein entscheidender Wettbewerbsfaktor“, sagte Markus Backes, Leiter des Teutoburger Wald Tourismus. „Mit der Zertifizierung setzen wir ein starkes Signal: Ökologische Verantwortung und wirtschaftlicher Erfolg gehören zusammen.

In den kommenden anderthalb Jahren soll die Zusammenarbeit weiter ausgebaut werden, bevor 2028 die Re-Zertifizierung ansteht.


Lob aus den Kreisen – aber auch offene Fragen

Die politischen Vertreter der beteiligten Kreise zeigten sich geschlossen zufrieden. Dr. Axel Lehmann (Kreis Lippe) sprach von einem „wichtigen Schritt in Richtung zukunftssicherer Tourismus“. Sven-Georg Adenauer (Kreis Gütersloh) hob die regionale Zusammenarbeit hervor, Ali Doğan (Kreis Minden-Lübbecke) betonte die Verantwortung gegenüber natürlichen Ressourcen.

Auffällig ist jedoch, dass der Kreis Höxter bei der feierlichen Übergabe keine Rolle spielte – obwohl er touristisch eng mit dem Teutoburger Wald verbunden ist und eigene bedeutende Natur- und Kulturräume zum Gesamtbild der Region beiträgt.
Als Autor und Bürger des Kreises stellt sich für mich die Frage, warum der Kreis Höxter in diesem Prozess und bei der öffentlichen Würdigung offenbar nicht berücksichtigt wurde. Eine offizielle Begründung dafür liegt bislang nicht vor.

Barrierefreiheit bleibt außen vor

Kritik kommt auch von der Selbsthilfegruppe pro barrierefrei e.V.. Deren Sprecher Alexander Bieseke sieht in der fehlenden Berücksichtigung von Barrierefreiheit eine deutliche Lücke:
Nachhaltigkeit bedeutet auch, dass alle Menschen an touristischen Angeboten teilhaben können. Dazu gehört Transparenz über barrierefreie Zugänge und Angebote – und das vermissen wir hier deutlich.“

Stephanie Hiller, Kommunikationsmanagerin beim Teutoburger Wald Tourismus, zeigte Verständnis für die Kritik und kündigte an, das Thema in künftigen Projektschritten erneut aufzugreifen: „Der Hinweis ist berechtigt, und wir werden das Thema Barrierefreiheit künftig anbringen“


Fazit

Mit der TourCert-Zertifizierung als „Nachhaltiges Reiseziel“ positioniert sich der Teutoburger Wald/OWL als Vorreiter für umweltbewussten Tourismus. Doch trotz des Erfolgs bleibt Luft nach oben: Die Themen Barrierefreiheit und regionale Beteiligung zeigen, dass Nachhaltigkeit mehr als ökologische Verantwortung umfasst – nämlich auch soziale Inklusion und faire Teilhabe.

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