„Wir sind nicht nur Zuschauer…“

Workshop „Diskriminierungskritisch. Denken. Lernen.“ am Gymnasium St. Xaver

Alexander Bieseke

Bad Driburg. Auch in Deutschland nehmen Diskriminierung, Ausgrenzung und Hass immer weiter zu. Umso drängender stellt sich die Frage: Möchten wir in einer Gesellschaft leben, in der sich einzelne Gruppen über andere stellen? Was sind die Gründe dafür? Und welche Folgen hat das – sowohl für die Betroffenen als auch für die Gesellschaft insgesamt, insbesondere im Hinblick auf unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung, so Christoph Paetzold, vom Gymnasium St. Xaver in seiner Pressemitteilung.

Diesen Fragen gingen Julia Hansmeyer und Dirk Damm von der Beratungsstelle für Antidiskriminierungsarbeit im Kreis Höxter in einem Workshop mit dem Titel „Diskriminierungskritisch. Denken. Lernen.“ nach. Sie arbeiteten gemeinsam mit Schülerinnen und Schülern der Jahrgangsstufe 9 des Gymnasiums St. Xaver – mit spannenden und teils überraschenden Erkenntnissen.

Schon zu Beginn machten die beiden Seminarleitenden mit einem Experiment deutlich: Menschen ordnen Fremde anhand äußerlicher Merkmale automatisch „Schubladen“ zu. Dieser Mechanismus des Gehirns läuft unbewusst ab und hilft, Informationen schnell zu verarbeiten. Problematisch wird es jedoch, wenn daraus eine Ungleichbehandlung entsteht – vor allem, wenn diese auf Stereotypen und gesellschaftlich verbreiteten Vorurteilen basiert. Diskriminierung ist oft die Folge, selbst wenn sie unbewusst oder unbeabsichtigt geschieht, etwa bei der Wohnungssuche, im Bewerbungsgespräch oder in der Schule.

Dass potenziell jede und jeder betroffen sein kann, zeigte das „Wheel of Privilege and Power“. Dieses Schaubild macht sichtbar, wie Privilegierung, Macht, Benachteiligung und Marginalisierung durch gesellschaftliche Zuschreibungen entstehen. In einer Welt, die weiterhin von Rassismus, Sexismus und anderen Formen der Diskriminierung geprägt ist, haben Schwarze Menschen zum Beispiel oft weniger Chancen als Weiße, Frauen weniger als Männer – eine bittere Ungerechtigkeit, wie auch viele Teilnehmende bei der Reflexion über ihre eigene Position im „Wheel“ bemerkten. Umso frustrierender wirkte es, dass gesetzliche und gesellschaftliche Maßnahmen gegen Diskriminierung aktuell vielerorts unter Druck geraten oder sogar zurückgenommen werden. Kritisch wurde im Workshop festgestellt, dass solche Rückschritte oft nur dazu dienen, alte Machtverhältnisse zu sichern.

Wie bedrohlich Diskriminierung wird, wenn sie gezielt und bewusst aus einer völkischen Weltanschauung heraus erfolgt, zeigte der Kurzfilm „Schuld“. Darin wird ein junger Mann aufgrund seines arabisch klingenden Namens und seiner abstinenten Lebensweise von einem Rechtsextremen als „Moslem“ und „Ausländer“ markiert, attackiert und schließlich ermordet. In der anschließenden Diskussion wurde klar: Solche Taten haben nicht nur traumatische Folgen für Angehörige, sondern verändern das gesellschaftliche Klima insgesamt. Wir müssen uns fragen: Wollen wir in einer Gesellschaft leben, die von Angst und Misstrauen geprägt ist, in der Menschen sich aufgrund ihres vermeintlichen „Andersseins“ verstellen müssen? Oder setzen wir uns für eine Gesellschaft ein, in der niemand ausgegrenzt oder unter Generalverdacht gestellt wird – eine Gesellschaft, in der alle frei leben können, wie es unsere demokratische Grundordnung eigentlich garantiert?

Am Ende hängt es vom persönlichen Einsatz jeder und jedes Einzelnen ab, ob dieses Ziel erreicht werden kann. Oder wie es eine Teilnehmerin in Anlehnung an ein Zitat aus dem Kurzfilm ausdrückte: „Wir sind nicht nur Zuschauer…“

Titelbild: Engagiert diskutierten Julia Hansmeyer und Dirk Damm von der Beratungsstelle für Antidiskriminierungsarbeit in ihrem Workshop mit Schülerinnen und Schülern des Gymnasiums St. Xaver.

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