Einheitswert und Messbetrag
Grundsteuer B erhitzt Gemüter
Elisabeth Affani
Bad Driburg. „Ihr baut auf unserer Schlittenwiese!“, empörte sich vor 34 Jahren ein Eigenheimbesitzer, der in der Widukindstraße wohnt. „Ihr baut auf dem Ärztehügel?“, fragte ironisch eine Bekannte. „Am Steinberg sind die Häuser zu teuer“, warnte ein Freund. „Baut nicht am Berg, da habt ihr Wasser im Keller!“, mahnte ein Kollege.
Nach und nach kam Driburger Klatsch bei den Kauf- oder Bauwilligen an, das rücksichtslose Gerede von der „Papageiensiedlung“, der „Spermaburg“.
Die Grundstücke auf dem Hügel waren in Privatbesitz und der Kauf entsprechend teuer. Die Stadt vergab nebenan günstigere Baugrundstücke, ermäßigt für kinderreiche Familien.
Inzwischen hat sich die Bebauung auch unter der Iburg erheblich erweitert, Nachbarn in Neubaugebieten rückten an den bisher einsamen Gartenzaun vor. Alle Berufsgruppen waren unter ihnen vertreten, Ärzte, Lehrer, Architekten, Politiker, Psychologen, Ingenieure, Werkzeugmacher, Lackierer und andere Handwerker, Büroangestellte, w/m/d.
Wer ein eigenes Haus bauen will, muss gut rechnen können und am besten etwas auf der hohen Kante liegen haben. Das passende Grundstück muss er oder sie finden, ein gutes Bauunternehmen, einen Architekten, eine Sparkasse oder Bank für die Finanzierung. Kaufurkunden müssen notariell beglaubigt werden, Grundbucheintragungen werden nötig. Alles kostet. Wenn das Haus am Ende steht, kommen weitere Kosten auf den Besitzer zu. Oft werden die Erschließungskosten vergessen. Die Baustraße wird irgendwann von der Stadt in eine Wohnstraße umgewandelt, auch da muss der Bauherr mitbezahlen.
Wer denkt dann schon über die Grundsteuer nach?
Am bequemsten ist es natürlich, ein Haus zu erben, etwa das Elternhaus. Es hat vor allem einen emotionalen, immateriellen Wert. Aber wieviel ist es materiell, real wert?
Der Wert einer Immobilie ist zunächst der Verkehrswert. Er richtet sich nach der aktuellen Marktlage. Dabei spielt es eine Rolle, wo das Haus steht, wie die Wohnlage ist, ob es ein Einfamilienhaus oder Zwei- oder Mehrfamilienhaus ist, ob es ein Mietwohngrundstück oder Wohnungseigentum ist, eventuell mit Förderbescheid nach dem Wohnraumförderungsgesetz, ob es in einer ruhigen Wohngegend oder an einer Hauptverkehrsstraße liegt, ob es ein Neubau oder Altbau ist, renovierungsbedürftig, sanierungsbedürftig, energetisch und auf die Bausubstanz bezogen.
Wer den Wert seines Hauses steigern will, damit er es später vielleicht ohne Verlust weiterverkaufen kann, ersetzt die Verglasung der Fenster, sorgt für eine gute Dämmung, modernisiert die Heizung, schafft Solarzellen aufs Dach.
Steigert der Besitzer den Wert des Hauses, steigt möglicherweise auch die Grundsteuer.
Für die Finanzverwaltung gilt als Grundlage für die Berechnung der Grundsteuer der Einheitswert des Hauses. Er bezieht sich auf den Verkehrswert. Von ihm hängt auch die Grundsteuer-Messzahl, der Messbetrag ab. Er ist abhängig von der Art des Grundstücks und wird vom Bund vorgegeben.
Die Finanzverwaltung legt für die Berechnung der Grundsteuer den Einheitswert einer Immobilie fest. Die Grundlagen der Berechnung stammen in Westdeutschland aus dem Jahr 1964. Das Bundesverfassungsgericht hat angemahnt, die Berechnung auf moderne Grundlagen zu stützen. Alle Immobilienbesitzer mussten eine sogenannte Feststellungserklärung abgeben. Alle Grundstücke, bebaut oder unbebaut, müssen neu bewertet werden. Der alte Einheitswert gilt nach 2025 nicht mehr.
Jeder Immobilienbesitzer hat einen Bescheid seines Finanzamts erhalten, in dem der Einheitswert und der Messbetrag festgelegt wurden. Gegen den Messbetrag kann man rechtlich vorgehen, gegen die Grundsteuer nicht. Die Stadt oder Gemeinde hat den Grundsteuer-Hebesatz festgelegt und berechnet mit Hilfe der Messzahl auf den Einheitswert nun die Grundsteuer.
Noch Fragen? Wer Details über seine individuellen Berechnungsgrundlagen erfahren möchte, sollte sich unbedingt an Fachleute wenden, um sich die Zusammenhänge erklären zu lassen. Die unsinnigste Reaktion ist, seinen Ärger in den „sozialen“ Medien abzuladen oder auf „die Politik“ zu schimpfen.