Nasse Füße garantiert

Markus Pitz

Bad Driburg. Tagelanger ergiebiger Regen hat den Boden aufgeweicht und gesättigt. Auch wenn Petrus ein Einsehen mit der Schar hat, die sich anschickt in diesem Jahr zum Abschluss Bad Driburg zu umrunden, ist mit zahlreichen Pfützen zu rechnen. Zumindest von oben wird es trocken bleiben. Knapp zweistellig ist das Feld, das sich heute der Herausforderung stellen wird. Für den Böller ist es trocken genug, so dass Frank Kanbach keine Probleme hatte, den Böller für den Start zu zünden. Bernhard Egeling hält den Augenblick professionell fest und wir laufen gemütlich los. Anstrengend wird es noch genug, wie der Aufstieg auf die Egge gleich zu Anfang zeigt. Wer möchte, darf auch wie früher auf dem Kamm starten. Familie Tewes möchte diese sichere Variante wählen. Rosmarie und Thomas wählen die ambivalente Variante mit dem langsamen Hinauflaufen. Ich befinde mich schnell zwischen den beiden und dem Feld. Ich versuche nach vorne aufzuschließen, lasse mich aber immer wieder von Fotostopps bremsen. Oberhalb des Trappistenhofs laufe ich zu Bernhard, Karla und Karl auf. Mit dem Absetzen bei Hepps hat es nicht geklappt. Kurz vor dem Heinrichshof versperrt ein umgeknickter Baum den Weg. Die Autos haben gedreht, die Läufer kommen durch. Meine Mitläufer setzen sich weiter nach vorne ab. Die Kurve nach rechts glänzt vom Wasser, das hier den Asphalt in voller Breite überspült. Die folgende Gerade lässt nur in der Mitte eine trockene Furt. Meine Mitstreiter entfernen sich auf der gleichmäßigen Steigung nach und nach nach vorne. Zusätzlich werde ich schon jetzt vom guten Leben der letzten Tage ausgebremst. Auch in langsamem Tempo wird es ein schöner Lauf werden. Nur etwas einsam, denn als ich auf den Eggekamm abbiege, sind meine Mitstreiter kleine Punkte voraus. Noch hoffe ich, aufholen zu können, werde aber von den zahlreichen Pfützen ausgebremst. Sie zu umrunden fällt zwar nicht schwer, erfordert aber höchste Konzentration, denn sonst rutsche ich im schlammigen Untergrund noch aus und lande womöglich komplett im Wasser. Bernhard hat vor dem Start einen Sonderpreis demjenigen versprochen, der die meisten Pfützen trifft. Das wird ein heftiger Wettkampf, denn dazu werde ich noch ausreichend Gelegenheit haben. Vermeide es aber lieber. Meine Erfahrung von vor genau 30 Jahren lehrt mich, dass es noch besser ist trockenen Fußes weiter zu laufen. Damals hatte ich bereits bei Hepp nasse Füße, weshalb ich beim Stellberg ins Tal abgebogen bin. Das soll mir heute nicht passieren.

Nur gelegentlich bekomme ich meine Mitläufer vorne noch zu Gesicht. Zeit, bewusst wahrzunehmen, wie sich die Egge in den letzten Jahren verändert hat. Nur selten laufe ich noch durch den dunklen Tann. Auf der kahlen Fläche nach Westen wurden auch die letzten Baumstümpfe entfernt. Die schöne Aussicht bietet den gewohnten Blick auf die Südstadt. Nach mehreren Jahren kann ich den Wanderweg parallel zur Zufahrtsstraße zur Iburg wieder belaufen. Alle Stämme sind abgeholt, Pfützen säumen den Weg. Über die Zufahrtsstraße durch den Wald zur Wiesenfläche wartet der nächste umgestürzte Baum. Er mahnt zur Vorsicht, denn bei den Sturmböen der letzten Tage wäre es klüger gewesen, sich nicht durch den Wald zu wagen. So aber geht es. Die Wiese zum Stellberg ist zwar nicht wie so oft mit Schnee bedeckt, aber gut durchnässt, so dass Ausrutschen auch ohne im Bereich des Möglichen liegt. Da laufe ich lieber langsam und sicher, als schnell. Trotz der Läufer, die in der Ferne zum Aufholen locken.

Auch wenn ich nicht, wie vor 30 Jahren ins Tal abbiege nehme ich mir heute Zeit, den Gedenkstein am Wegesrand zu lesen. Gewidmet gefallenen Soldaten. Erleichterung, in einem friedlichen Land zu leben in dem Wissen, dass die Menschheit aus den Jahrhunderte langen kriegerischen Auseinandersetzungen bis heute nichts gelernt hat. Über die Straße tauche ich ein zurück in den friedlichen Wald. Ich quere die B 64 und laufe über die alte Panzerstraße nach Norden. Die Betonplatten vergehen langsam, dabei hilft die Natur. Vor allem mit viel Wasser. Am kleinen Rondell wartet eine Wasserstelle des Tages, so groß, wie ich sie noch nie gesehen habe. Dafür warten auf dem Weg zum Knochen nur noch wenige Pfützen. Liegt wohl am lichten Wald. Deshalb habe ich heute weniger Schwierigkeiten, ihnen auszuweichen. Die dichte Wolkendecke lichtet sich nach und nach. Erste Sonnenstrahlen brechen durch. Als ich das Rittergut und den Blick Richtung Köterberg frei habe, ist unser Stern gänzlich sichtbar und wird mich die nächsten Kilometer begleiten. Hinab ins Tal ist ein Läufer vom Knochen kommend an mir vorbei. Mit dem Bewegungsdrang sind wir run for funler nicht allein. Auch Spaziergänger kommen mir entgegen. Nur von meinen Mitläufern werde ich keinen mehr zu sehen bekommen.

Kurz vor dem Reelser Kreuz läuft Wasser über den Wanderweg, ich weiter zu Frank an der Verpflegungsstelle und schließlich warmer Tee durch meine Kehle. Nach Erfrischung und Info über die letzten Läufer des Tages, auf die noch zu warten ist, mache ich mich auf zum Endspurt. In praller Sonne sehr angenehm. Vorbei an der Grafengruft, frisch restauriert und am Obelisken für den Gründer des Bades, das Bad Driburg heute ausmacht. Hinab vom Rosenberg laufe ich zum Steinberg. Das Freibad ist für die Jahreszeit eigentlich zu gut gefüllt. Muss wohl am Regen der letzten Wochen liegen. Die Ostseite des Steinbergs ist erreicht. Im Norden erstrahlt Alhausen in der Sonne. Wasser über dem Asphalt glitzert in der Sonne gefühlt bis hinunter zum Bahnübergang. Ein Weg, den ich in den letzten Tagen gemieden habe, denn ich hatte schon geahnt, dass die Kurve an der Bahnstrecke geflutet sein würde. Und genauso ist es, auch wenn die Wasserstelle nicht so tief ist, wie befürchtet. Ich brauche lediglich einen Zwischentritt und schon bin ich wieder im Trockenen.

Die Bahn fährt an mir vorbei, was einen offenen Bahnübergang bedeutet. Da wartet über die B 64 hinweg zum Schluss nur noch der Anstieg zum Sulberg. Schwierig und von mir gefürchtet, aber immer wieder überwunden. Steht einer weiteren erfolgreichen Umrundung Driburgs nichts mehr entgegen, so denke ich. Doch als ich die B 64 überquert habe muss ich einsehen, dass es heute schwieriger werden wird. Die Brücke über den Bach ist komplett geflutet, am Rand aber gut zu überlaufen. Im Anschluss wartet nicht der übliche Wanderweg auf mich, sondern ein Fluss, wie ich ihn in all den Jahren zuvor nicht gesehen habe. So laufe ich heute einen Strom hinauf, über zwei letzte Baumstämme vorbei an einem Wasserfall und einem See. Da ist es auch schon egal, die Steigung zum Sulberg hinauf langsam anzugehen. Nur die Füße sind jetzt komplett nass und lassen mich das Ziel im Gewerbegebiet sehnlichst erwarten. Hinab zur alten Straße nach Siebenstern liefere ich mir noch einen kleinen Wettlauf talwärts fließenden Wasser. Am Eingang des Gewerbegebietes blicke ich auf den Weg hinauf zur Egge, wo vor knapp zwei Stunden dieser ereignisreiche Lauf begann. Kurz darauf bin ich zurück am Plakat, das seit ein paar Jahren den roten Hydranten ersetzt hat und Anfang und Ende des Laufes markiert. Frank wartet mit weiterem Tee. Bernhard sorgt in den kommenden Tagen für die wohlverdiente Urkunde. Damit endet ein weiteres Laufjahr erfolgreich, mit dem Dank an die unermüdlichen Organisatoren.

Impressionen vom Lauf rund um Bad Driburg am 26.12.2023.

(Fotos: Markus Pitz)