Musikalisches Feuerwerk in Bad Driburg

Bohemia Sinfonieorchester Prag  – Děkuji – Vielen Dank.

Elisabeth Affani / Doris Dietrich

Bad Driburg. Zum Auftakt der 29. Saison der Bad Driburger Abonnementskonzerte fand am Sonntag ein Konzert der Spitzenklasse statt. In der Pfarrkirche „Zum Verklärten Christus“ traten das Bohemia Sinfonieorchester Prag sowie die Sängerin Ascelina Klee, Prof. Aloisia Hurt (Klarinette) und Susanne Jacoby (Fagott) auf. Die Gesamtleitung lag in den bewährten Händen von Kantor Torsten Seidemann. Er berichtete: „Mit dem Bohemia Sinfonieorchester Prag besteht ein langer und intensiver Kontakt. Bereits zum 6. Mal ist das Orchester in unserer Stadt.“ Es setzt sich zusammen aus erfahrenen Berufsmusikerinnen und Musikern der Prager Staatsoper, des Nationaltheaters Prag und der Tschechischen Philharmonie. Bereits am Mittwoch, vier Tage vor dem Konzert reiste Torsten Seidemann nach Prag, um gemeinsam intensiv zu proben.

Matthias Menze als Stellvertretender Vorsitzender der Musikgesellschaft Bad Driburg begrüßte Christa Heinemann und Detlef Gehle als stellvertretende Bürgermeister sowie die Vertreter der Sponsoren. Den Dank richtete er auch an die Pfarrgemeinde für die praktische und organisatorische Vorbereitung dieser Veranstaltung. „Die Kostbarkeiten der Musik sollen berühren, bezaubern und begeistern.“

„Herr, schütze die Ukraine!“ heißt es in Valentin Silvestrovs lyrischem Gebet, das er 2014 anlässlich des „Euromaidan“ in Kiew vertonte. „Gib uns Kraft, Glauben und Hoffnung, unser Vater.“ In der ergreifenden, leisen Instrumentalfassung, mit der die Prager Musiker das Konzert einleiteten, wurde das inständige Flehen zu Gott nicht nur hörbar, sondern auch fühlbar. Nie wird mehr gebetet als im Augenblick großer Gefahr.

Es folgte von Richard Strauss das Duett- Concertino für Klarinette, Fagott, Streichorchester und Harfe. Susanne Jacoby und Prof. Aloisia Hurt begeisterten durch ihr harmonisches Zusammenspiel. Bei der Komposition 1947 war der Komponist durch das Märchen „Der Schweinehirt“ von Hans Christian Andersen und durch sein lebenslanges Interesse für Bläsersoli inspiriert. So verkörpert die Klarinette die Prinzessin und das Fagott den Prinzen.

Anschließend folgte der Zyklus „Biblische Lieder“ op. 99 von Antonin Dvořák in der Fassung für Mezzosopran und Orchester. Ursprünglich wurden diese 10 Lieder für Singstimme mit Klavier komponiert. Später erfolgte eine Fassung mit Orchesterbegleitung. Diese Komposition im romantischen und volksliedhaften Charakter ist ein Höhepunkt im Liedschaffen Dvořáks. Ascelina Klee/Mezzosopran sang diesen Zyklus in tschechischer Sprache. Diese hohe Herausforderung bewältigte die Künstlerin souverän und verzauberte das Publikum. Viele Proben führten sie auch nach Detmold, wo sie mit einem Kollegen die tschechische Sprache intensivierte. Torsten Seidemann dankte Ascelina Klee am Ende ihres Auftritts mit einer herzlichen Umarmung und gab seiner Erleichterung Ausdruck.

Das neue Lied, das den Biblischen Liedern folgte, war ein älteres. Beethoven schrieb seine Sinfonie Nr. 7 A-Dur im Jahr 1813, in dem historisch bedeutsamen Jahr, in dem Napoleons Kriegslust durch die alliierten europäischen Armeen gestoppt wurde. Das Orchester machte alle Nuancen der Sinfonie deutlich: den sehr langsamen Beginn, die Steigerungen bis zu einem tänzerischen Rhythmus, die volksliedhaften Motive, die allmählich lebhafteren Passagen, die ruhigen Zwischenspiele. Bratschen und Celli arbeiteten das getragene Moll-Motiv heraus, das eine Besucherin noch auf dem Parkplatz bei strömendem Regen vor sich hin summte. Klarinette und Fagott übernahmen die wunderbar tröstliche A-Dur-Melodie. Wer den Film „The King’s Speech“ gesehen hat, konnte diese Melodie als Untermalung der Schlüsselszene hören. Der dritte Satz beendete die Besinnung und zeigte die für Beethoven typischen dynamischen Einfälle, die auch dem Publikum höchste Konzentration und Geduld abforderten.

Und dann kam das Finale. Fachleute sprechen von einem Taumel, von Wirbeln, von wilden Takten, vom Kampf gegen das gewohnte Schema, von enormen rhythmischen Energien, von einem orgiastischen Finale. Dirigent Torsten Seidemann mutete den Sinfonikern einiges zu, aber sie folgten ihm und zeigten, dass diese extreme 7. Sinfonie zu Recht zu den besten Werken Beethovens zählt. Die Zuhörer würdigten die enorme Leistung aller Mitwirkenden an diesem außergewöhnlichen Konzertabend.

Dieses Konzert wurde unterstützt durch die Kirchenmusikstiftung Ziegler/Paderborn, die Werner Richard – Dr. Carl Dörken Stiftung, die Volksbank Höxter, die Sparkasse Höxter und Westfalen Weser Energie.

Das nächste Konzert findet am 20. November 2022 um 19.30 Uhr im Rathaussaal Bad Driburg unter dem Titel: „Von der Pracht des Barock bis in die Sehnsucht der Romantik” statt. Es werden Werke u.a. von Mozart, Liszt und Brahms mit der polnischen Konzertpianistin Prof. Aleksandra Mikulska erklingen.


Infobox

Ascelina Klee singt in der Spielzeit 2022/23 als Altistin im Opernchor des Mecklenburgischen Staatstheaters Schwerin. Auch Hamburg, London und Glagow waren Stationen ihres bisherigen musikalischen Werdegangs.

Die Soloklarinettistin Prof. Aloisia Hurt unterrichtet an der Hochschule für Musik Detmold und kann auf eine umfangreiche Konzerttätigkeit verweisen.

Susanne Jacoby ist seit 1993 Fagottistin im Loh-Orchester. Im „Trio Merlando“ konzertiert sie regelmäßig mit Musikern des Landestheaters Detmold und der Hochschule für Musik Detmold.

Bohemia Sinfonieorchester Prag

Das Bohemia Sinfonieorchester entstand aus dem Mittelböhmischen Orchester, das als staatliches Orchester im Jahr 1961 gegründet wurde. Nach den politischen Umwälzungen 1989 wurde das Orchester privatisiert. Zu den herausragendsten Engagements gehören Konzerte u. a. mit José Carreras bei einem Open-Air-Konzert in Mönchengladbach und in Hamar Olympic Amphi (Norwegen) sowie ein Konzert mit Paul Potts in der ausverkauften Rockhal in Luxemburg. Eine weitere bedeutende Station war die Vorstellung der Oper „Die Zauberflöte“ in Monte Carlo.