Der fast vergessene Sportler – Gottfried von Cramm

Eindrucksvolle Lesung im Gräflichen Park

Doris Dietrich

Die Diotima Gesellschaft e.V. wählte als 1. Veranstaltung in diesem Jahr eine Lesung mit Dr. Jens Nordalm. Der Autor, ein Westfale aus Unna, studierte u.a. Philosophie und Literatur in Bonn, Freiburg und Edinburgh. Nach seiner Promotion arbeitete er u.a. als Redenschreiber für Angela Merkel und Wolfgang Schäuble.

Dr. Jens Nordalm begrüßt die Gäste

Jens Nordalm hatte Zugang zum Privatarchiv der Familie von Cramm auf Schloss Bodenburg im Landkreis Hildesheim. So gelang ihm durch das Lesen der persönlichen Briefe und Aufzeichnungen ein sehr intensiver Zugang zur Familiengeschichte. Sein Buch enthält zahlreiche Familienfotos, die noch nie veröffentlicht wurden.

Im Mittelpunkt der Lesung stand das Buch: „Der schöne Deutsche: das Leben des Gottfried von Cramm“. Das i-Tüpfelchen an diesem Event war die Anwesenheit einiger Verwandte der Familie von Cramm, die von Annabelle Gräfin von Oeynhausen-Sierstorpff herzlich begrüßt wurden.

Gottfried Freiherr von Cramm galt in den dreißiger Jahren als einer der besten Tennisspieler seiner Zeit. Dem Autor gelang es überzeugend, die interessante Persönlichkeit des Menschen Gottfried von Cramm mit seinen vielschichtigen Facetten dem Publikum nahezubringen.

Schon als kleiner Junge wollte Gottfried ein ganz großer Tennisspieler werden. Er ließ sich davon auch nicht abbringen, obwohl er seine rechte Zeigefingerkuppe durch einen Pferdebiss verlor. In den dreißiger Jahren war er der zweitbeste Tennisspieler der Welt und er war z.B. auch in Wimbledon anzutreffen. Man schätzte ihn vor allem wegen seines Fair Play. 1938 wurde Cramm wegen des § 175 festgenommen, angeklagt und später verurteilt. Viele Fans weltweit forderten in Briefen seine Freilassung. Die gegen Cramm verhängte Freiheitsstrafe wurde nach sieben Monaten zur Bewährung ausgesetzt. Die weitere Teilnahme an Wimbledon und zahlreichen anderen Turnieren blieb dem Publikumsliebling jedoch verwehrt. Er ist jetzt vorbestraft und er wird erst im Mai 2002 posthum rehabilitiert.

Gottfried von Cramm war zweimal verheiratet. Seine zweite Frau war Barbara Hutton, die Erbin des Woolworth-Imperiums. 1957 beendete er seine Karriere als Sportler. Sechs Jahre zuvor hatte er in Hamburg eine Importfirma für ägyptische Baumwolle gegründet. Mit 67 Jahren kam er während einer Geschäftsreise bei einem Autounfall in der Nähe von Kairo ums Leben. Posthum wird er 1977 in die „International Tennis Hall of Fame“ aufgenommen. Unsterblich aber machte den Niedersachsen, der sich nie verbiegen ließ und an nichts zerbrach, vor allem seine Haltung auf und neben dem Platz. So lobte ihn Donald Budge: “Er spielte schönes, einfach beneidenswert schönes Tennis. Das war ihm wichtiger als der Sieg.”

Gottfried von Cramm
Rowohlt Verlag

Im Anschluss an die Lesung folgten sehr persönliche Erinnerungen einiger Familienangehöriger an Gottfried. So berichtete Marcus Graf von Oeynhausen-Sierstorpff über seinen Patenonkel Gottfried von Cramm. Weitere Verwandte erzählten anschaulich von ihren Begegnungen mit ihm. Er trat immer respektvoll und bescheiden auf. Dabei blieben ihnen sein Humor und seine Aufrichtigkeit im Gedächtnis. Die persönlichen Eindrücke gaben dieser Lesung ihren besonderen Reiz.

Viele Besucher kauften sich am Ende der Veranstaltung die Biografie und ließen sie vom Autor signieren.

Dr. Jens Nordalm beim signieren.

Pressestimmen:

Den Stil, die Haltung und die Persönlichkeit Cramms nachzuzeichnen, das gelingt Nordalm sehr gut.

taz

Das Bild eines fast vergessenen Sportlers und ein lesenswertes Porträt von dessen Zeit.

Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung

Titelbild: Gräflicher Park