Nicole Drude erschafft Weihnachtsaquarell in eigener Technik

„Ich steuere, damit die Farbe machen kann, was sie will.“


Bad Driburg. In unserer letzten Ausgabe hat die Künstlerin Nicole Drude Menschen in der schweren Zeit Mut zugesprochen und erklärt, warum Kunst auch jetzt im Zentrum der Gesellschaft steht.
Im Interview verrät die 48- jährige gebürtige Driburgerin nun mehr über ihren persönlichen Malstil, welchen sie seit 2011 praktiziert.

Frau Drude, als Laie hat man ja nicht immer das professionelle Now-How, um Kunst zu analysieren. Natürlich ist die eigene Interpretation auch immer wieder Ziel des Künstlers – ich wage trotzdem mal zu behaupten, dass sich vielen Menschen ein neuer Blickwinkel erschließt, sobald sie die Intention des Malers erfahren haben. Heute möchten wir mit Ihnen über Ihre persönliche Maltechnik sprechen, die sie “un jeter” nennen. Was ist das Besondere an dieser Technik?

Nicole Drude: Es handelt sich dabei um eine Nass-in-Nass-Technik in der Aquarellmalerei. „Un jeter” stammt aus dem Französischen. Wörtlich übersetzt bedeutet „jeter“ werfen, steht aber auch für „gießen oder schütten“, wobei ich zudem eine Verbindung zu „Laisser-faire“ ziehe. (lacht) Man merkt wohl, dass ich sehr frankophil bin.

Für all diejenigen, welche kein Französisch in der Schule hatten: „Laisser-faire“ bedeutet sinngemäß übersetzt „machen lassen“ oder „laufen lassen“. Gemeint ist eine Haltung der Nichteinmischung.

Nicole Drude: Für mich bedeutet es auch ,,Gestatten zu tun, Freiheit ermöglichen”. Dazu muss ich jetzt einmal erklären, dass sich bei der Aquarellmalerei die Farben nach bestimmten Gesetzmäßigkeiten zueinander verhalten. Tatsächlich gibt es ja ganz unterschiedliche Pigmente – zum Beispiel aus Steinen, aus Erde oder aus pflanzlichen Produkten. Manche dieser Pigmente stoßen sich ab, manche ziehen sich an. Das ist ein chemischer Prozess, in welchen noch die Beschaffenheit des Papiers hineinspielt.

Interessant. Ich wage mal zu behaupten, dass man als „Otto Normalbetrachter“ dazu tendiert, auszublenden, wie viele naturwissenschaftliche Kräfte bei diesem Entstehungsprozess am Werk sind. Man denkt irgendwie immer: „Da ist der Künstler, der mit seiner Inspiration im Kopf den Pinsel schwingt.“

Nicole Drude: Tatsächlich ist es beides. Zum einen haben wir die Beschaffenheiten, welche die Arbeitsmaterialien selbst mitbringen. Zum anderen die Inspiration des Künstlers: Ich habe mich zum Beispiel viel mit dem polnisch-britischen Soziologen Zygmunt Bauman beschäftigt, der viel über unsere Epoche geschrieben hat – über die Zeit, die er die „flüchtige Moderne“ nennt. Dabei bedient er sich auch des „Fließverhaltens von Flüssigkeiten“ als Metapher zur Beschreibung unserer Zeit. Ich wiederum versuche bewusst dieses Flüchtige und die Komplexität mit dem Fließverhalten der Farben darzustellen.

Dann steht „un jeter” also dafür, dass Sie auf Ihren Bildern die Farbelemente zusammenstellen, um sie danach bewusst nach „Laisser-faire“-Art ihren eigenen Weg finden zu lassen?

Nicole Drude: Das fasst es gut zusammen. Ich steuere, damit die Farbe machen kann, was sie will. Und das ist es, was der Betrachter dann am Ende in Form von Flächen sieht, die ein wenig so aussehen, wie Sand am Meer oder Sedimente, die sich ablagern.

Zum Fest der Liebe stellen Sie das Portrait ,,Ruhige Weihnachtstage” aus 2016 vor. Können Sie uns kurz beschreiben, was das Bild aussagen soll und wo „un jeter“ hier besonders gut zum Ausdruck kommt?

Nicole Drude: Das Portrait zeigt sich in der klaren Farbe Blau mit weit geöffneten Augen, die in die Zukunft schauen und drückt die Sehnsucht der Menschen nach einer friedlichen Weihnachtszeit aus, in der sich Besinnlichkeit und Freude einstellen. Gleichzeitig schwingt die Fragilität der Darstellung mit, die sich in den fließenden Formen ausdrückt.

Frau Drude, danke für das Interview! Können Sie uns zum Abschluss noch sagen, welche Pläne sie trotz Corona für das kommende Jahr haben?

Nicole Drude: Wie in den Vorjahren plane ich auch 2021 wiederum an der Gemeinschaftsausstellung des Art d Driburg zum „Tag des offenen Denkmals“ teilzunehmen. An meinem Hauptwohnsitz in Hamburg werde ich mich außerdem an der Ausstellung zum Thema Wasser des Kulturwerks Rahlstedt, auf dem Museumsschiff Cap San Diego im August 2021 beteiligen. Auch ist eine weitere Ausstellung des Art d Driburg im Waldinformationszentrum Hammerhof in Warburg-Scherfede zum Thema Biodiversität geplant. Bereits 2016 hatte ich dort an der Ausstellung “Erd-Charta – Schrei der Erde”, vom 30. April – 31. Juli teilgenommen.

Das klingt nach einer spannenden Planung.

Nicole Drude: Allerdings. Am spannendsten und mir am meisten am Herzen liegt jedoch derzeit eine Bewerbung zur Gestaltung des Friedenspreises des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge.

Infobox

Kunstatelier Nicole Drude

Nicole Drude

Meine Aquarelle sind in einer besonderen Nass-in-Nass-Technik gemalt, die ich “un jeter”, von französisch gießen oder schütten, nenne. Neben Portraits male ich florale Motive und abstrakte Kompositionen. Meine Installationen und Projekte bewegen sich im Bereich der ephemeren Kunst. Mein Konzept ist es, Menschen im Alltag überraschend selbstverständlich mit Kunst in Kontakt zu bringen.
Mitglied von ARTD Driburg, Kunstverein in Süd-Ostwestfalen
 
Technik/en

Aquarellmalerei, Fotografie, Installationen, Objekt, Video, Collage

Vita

Geburtsjahr: 1972
Geburtsort: Bad Driburg
Abitur: 1991


Studium der Journalistik und Politikwissenschaft in Eichstätt und Hamburg, dazu Praktika unter anderem beim Westfalen-Blatt in der Lokalredaktion Höxter und beim ZDF heute journal Mainz


Besonderes Interesse für Politische Ikonographie und Politische Theorie


Mitarbeit an Theaterprojekten der Hamburger Kammerspiele und Kampnagel Hamburg


Besuch von Vorträgen zur Kunstgeschichte an der Universität Hamburg zu Picasso unter dem Thema ‘Tabu in der Kunst’


Besuch von Ausstellungen und Performance-Veranstaltungen, unter anderem zu Jonathan Meese, Daniel Richter, Sammlung Harald Falckenberg, Gert und Uwe Tobias, Japanische Kalligraphie in Hamburg, Robert und Sonia Delaunay in Bielefeld, Glasarbeiten von Gerhard Richter und Markus Lüpertz in Köln, Paul Klee in Hamm, Jörg Immendorff in Schloss Corvey Höxter und Veranstaltungen des Kunst- und Kulturvereins ARTD Driburg e.V.


Juni 2015: First-round Winner Award bei Art Olympia, International Open Art Competition in Tokio mit dem Bild “Graduate Student“

Quelle: Kulturdatenbank

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