Alexander Bieseke

Bad Driburg. Zum Gedenken an das Ende des Zweiten Weltkriegs vor 80 Jahren fand in Bad Driburg eine Gedenkstunde vor dem Rathaus statt. Neben Schülerinnen und Schüler der Gesamtschule und des Gymnasiums St. Xaver, waren auch Prädikantin Frederike Wieneke von der Evangelischen Kirche sowie Pastor Matthias Klauke von der Katholischen Kirche anwesend. Auch Wolfgang Hentschelvon Pulse of Europe wandte sich an die Zuhörerinnen und Zuhörer.
Bürgermeister Burkhard Deppe erinnerte in einer Rede an die 60 Millionen Toten des Krieges – 60 Millionen persönliche Schicksale, Familien und Lebensgeschichten.
„Es war kein Tag zum Feiern, aber ein Tag der Befreiung“, so der Bürgermeister mit Verweis auf die historische Rede von Bundespräsident Richard von Weizsäcker vom 8. Mai 1985. Die Befreiung vom nationalsozialistischen Terror sei nicht aus Deutschland selbst gekommen, sondern von außen – ein Fakt, den man heute anerkennen müsse.

Auch Bad Driburg war vom NS-Terror nicht verschont: „Inmitten unserer Kleinstadt wurden Menschen ausgegrenzt, deportiert und ermordet – direkt nebenan, in der eigenen Straße.“ Umso wichtiger sei das jährliche Gedenken, wie etwa am 9. November an der Stele vor dem Haus Schiff in der Oberstadt, wo einst Mitbürgerinnen und Mitbürger zum Abtransport zusammengetrieben wurden.
Der Bürgermeister betonte, dass Erinnerung nicht lähmen, sondern befähigen solle: „Frieden und Freiheit sind nicht selbstverständlich. Sie sind das Ergebnis von Haltung, Aufmerksamkeit und Engagement.“ Mit Blick auf das Verschwinden der letzten Zeitzeugen gehe die Verantwortung, das Gedenken wachzuhalten, auf die gesamte Gesellschaft über – insbesondere auf die junge Generation.
„Bad Driburg wird auch künftig eine Stadt sein, die sich ihrer Geschichte stellt und sich täglich für Demokratie, Toleranz und Menschlichkeit einsetzt“, erklärte der Bürgermeister abschließend.
“Ein Flugblatt, das Leben rettete – Bad Driburg im April 1945″

Eine einzelne Botschaft, auf dünnem Papier verteilt, konnte über Leben und Zerstörung entscheiden. Im April 1945 wurden in vielen deutschen Städten Flugblätter von alliierten Truppen abgeworfen – auch in Bad Driburg. Ihr Ziel: den Widerstand beenden, weiteres Blutvergießen verhindern und die Bevölkerung schützen.
Von diesem Flugblatt berichteten die Schülerinnen und Schüler.
Das jetzt ausgestellte Flugblatt ruft eindringlich dazu auf, den Kampf einzustellen und sich in Sicherheit zu bringen. Es richtet sich ausdrücklich auch an die Zivilbevölkerung: „Verbergt euch in Kellern, bleibt dort, bis amerikanische Truppen eintreffen.“ Der Ton ist klar – keine Panik, keine Gewalt. Die amerikanischen Streitkräfte erklären darin: „Wir führen keinen Krieg gegen Zivilisten.“
Diese Worte waren für viele die einzige Orientierung in einer Zeit voller Unsicherheit. Niemand wusste genau, was passieren würde, wenn die Alliierten eintreffen. Einige hatten Angst, alles könne noch schlimmer werden. Doch die Botschaft gab Hoffnung – und Schutz.
Gleichzeitig war es gefährlich, ein solches Flugblatt zu besitzen. Wer damit erwischt wurde, musste mit Konsequenzen rechnen. Und dennoch: Ohne diese Information hätten womöglich viele weitergekämpft – mit verheerenden Folgen für die Stadt. Dass Bad Driburg weitgehend unzerstört blieb, ist vielleicht auch jenen Momenten zu verdanken, in denen Menschen beschlossen, nicht weiterzumachen.
Die Ausstellung im Rathaus zeigt: Geschichte passiert nicht nur „von oben“. Sie wird von Entscheidungen geprägt, die Menschen vor Ort in Extremsituationen treffen. Was damals galt, hat auch heute Bedeutung: Veränderung beginnt oft mit der Entscheidung, nicht mehr mitzumachen.
Das historische Flugblatt kann in der Ausstellung im Rathaus neben anderen historischen Bildern im Hochstift besichtigt werden.




