Doris Dietrich
Bad Driburg/Gengenbach (Baden-Württemberg). Der Adventskalender gehört für die meisten genauso zu Weihnachten wie der Tannenbaum oder eine Pyramide. Der Adventskalender verkürzt die Wartezeit bis Heiligabend und steigert die Vorfreude.
Ursprung des Adventskalenders
Die Adventskalender-Geschichte beginnt 1838. Johann Heinrich Wichern, Leiter des evangelischen Knabenrettungshauses „Rauhes Haus“ bei Hamburg, hatte wahrscheinlich genug von der Frage, wann endlich Weihnachten sei. So entwickelte er eine Idee zur Darstellung der verbleibenden Tage. Er nahm sich ein altes Wagenrad und einen Holzkranz und steckte 20 kleine rote und vier große weiße Kerzen darauf. Bei den täglichen Andachten, zu denen alle gemeinsam Adventslieder sangen, durften die Kinder eine rote Kerze anzünden, an den Adventssonntagen zusätzlich eine weiße.
Erste Adventskalender-Formen
Familien hängten häufig nach und nach 24 Bilder mit weihnachtlichen Motiven an die Wand. Sie malten auch Kreidestriche an die Tür, für die Sonntage jeweils einen langen Strich, und täglich durften die Kinder einen wegwischen. Sehr verbreitet waren außerdem „Adventsbäumchen“, teilweise auch selbstgebastelte Holzgestelle. Tag für Tag steckten die Kinder eine kleine Fahne oder einen Stern mit Bibelversen daran. Manche Familien zündeten zusätzlich auch eine Kerze an. Eltern dachten sich eine Art Adventskalender aus. Bei gutem Benehmen durfte der Nachwuchs bis Heiligabend täglich einen Strohhalm in die Krippe legen, damit das Jesuskind schön weich liegt. In manchen Klosterschulen gibt es die Tradition noch immer.
In Österreich entwickelte sich eine spezielle Form des Adventkalenders: die „Himmelsleiter“. Dabei bewegt sich das Christkind täglich eine Sprosse der Leiter abwärts und verdeutlicht damit den Gedanken, dass Gott zu Weihnachten in seinem Sohn Jesus Christus auf die Erde kam. Im skandinavischen Raum setzte sich die Adventskerze durch. Diese Kerze war in 24 Abschnitte unterteilt, an jedem Tag ließen die Familien die Kerze bis zur nächsten Markierung abbrennen.
Ende des 19. Jahrhunderts traten auch vermehrt „Weihnachtsuhren“ auf. Dabei ist eine Scheibe mit zwölf bzw. 24 Abschnitten markiert. Jede Unterteilung war mit Liedtexten oder Bildern versehen war. Täglich durfte dabei ein Zeiger einen Schritt nach vorne gestellt werden.
Der erste gedruckte Adventskalender
Erst 1902 veröffentlichte die evangelische Buchhandlung Friedrich Trümpler in Hamburg den ersten gedruckten Adventkalender. Sie entschieden sich für eine Weihnachtsuhr mit den Zahlen 13 bis 24, ab 1922 bekamen diese Uhren 24 Felder. Er kostete damals 50 Pfennig. Ein Jahr später folgte der Münchner Verleger Gerhard Lang. Der Kalender „Im Lande des Christkinds“ enthielt einen Bogen mit 24 Bildern zum Ausschneiden und einen mit 24 Feldern für die ausgeschnittenen Teile. An jedem Tag im Advent durften die Kinder ein Bild ausschneiden und diesen in das vorgesehene Fenster einkleben. Am Heiligabend gab es ein Bild von dem weiß gekleideten Christkind. Bis in die 1930er Jahre hinein publizierte die lithografische Anstalt Reinhold & Lang zahlreiche kunstvolle Werke, die steigende Stückzahl führte zu vielfältigen Variationen. So beispielsweise auch zu dem ersten Adventskalender in Blindenschrift.
Adventskalender, wie wir sie kennen
Vor gut 60 Jahren war es dann soweit. Der erste Schokoladenadventskalender erschien 1958. Heute gehört dieser neben Spielzeug- oder Bilder-Adventskalendern zu den am häufigsten gekauften Kalendern. Aber auch Foto-Adventskalender werden immer beliebter.
Sehr beliebt ist dabei die skandinavische Idee, Jutesäckchen an einer Leine aufzuhängen. Die individuellen Adventskalender werden mit viel Leidenschaft gestaltet, da dabei eigene Ideen entwickelt und umgesetzt werden.
Außergewöhnliche Adventskalender
Doch es gibt nicht nur „normale“ Adventskalender. Bereits seit 1996 erweist sich das Rathaus in Gengenbach im Schwarzwald in der Adventszeit als magischer Anziehungspunkt: Es verwandelt sich mit seinen 24 Fenstern in das weltgrößte Adventskalenderhaus für große Kunst. Weltbekannte Künstler wie Marc Chagall und Andy Warhol verwandelten das Rathaus mit ihren Werken zu einem einmaligen Wintermärchen. Dieses Jahr werden paradiesische Bilder von einem der renommiertesten deutschen Illustratoren der Gegenwart: Olaf Hajek präsentiert. Mit seinem unnachahmlichen, vielfach ausgezeichneten Stil wird er die Besucher verzaubern. Um 18 Uhr beginnt jeden Abend das Fensteröffnungs-Ritual. Ein überwältigendes Schauspiel bis auch das letzte der 24 Fenster geöffnet ist und das Rathaus in seiner ganzen Pracht erstrahlt.
Der teuerste Adventskalender ist vermutlich im Londoner Kaufhaus „Harrods“. 2010 brachte es zum ersten Mal den Eine-Million-Dollar-Adventskalender heraus. Dieser beinhaltete zum Beispiel eine Sonnenbrille mit 18 Karat Gold, ein Motorboot und eine Designerküche.
Der Adventskalender – Begleiter in der Weihnachtszeit
Das lateinische Wort adventus bedeutet „Ankunft“. Es steht für die geistige und seelische Vorbereitung auf das höchste christliche Fest des Jahres: die Geburt von Jesus Christus. Und auch, wenn sich Form, Art und Aussehen des Adventskalenders mit der Zeit sehr stark geändert haben, so bleibt die Botschaft doch immer gleich: Freude bereiten und das Besondere und die Einzigartigkeit der Adventszeit zu verdeutlichen. Und natürlich die Vorfreude auf Heiligabend zu steigern – bei Groß und Klein nicht nur in Bad Driburg.
Titelbild: Adventskalender am Rathaus von Gengenbach
Quellen:
https://www.adventskalender.de/der-adventskalender-die-geschichte-und-entstehung.html